Kommentar zu den Grünen Der Zuspruch ebbt ab

Meinung | Berlin · Die Grünen und nicht die AfD konkurrieren mit der Union um das Kanzleramt, sagt CSU-Chef Markus Söder. Fokussiert sich die Union zu sehr auf die Grünen als Hauptkonkurrenten und vernachlässigt dabei ihre Abgrenzung zur AfD, dürften ihr nicht nur Wähler aus dem moderaten Merkel-Lager verloren gehen.

 Verantwortlich für den grünen Höhenflug: Robert Habeck und Wilfried Kretschmann.

Verantwortlich für den grünen Höhenflug: Robert Habeck und Wilfried Kretschmann.

Foto: dpa/Bodo Marks

Söders Analyse ist sicher richtig, denn die AfD hat es (noch) nicht auf das Kanzleramt abgesehen, sondern nur auf Wachstum in der Opposition. Richtig ist auch Söders Analyse, dass Wahlen im Westen gewonnen werden. Hier liegen die Grünen (noch) klar vor der AfD. Wenn es aber zu Wahlen kommt, so zeigt die Erfahrung der vorigen Jahre, schneiden die Grünen regelmäßig schlechter ab, als es die Umfragen zuvor signalisiert hatten.

Die Union muss also aufpassen. Fokussiert sie sich zu sehr auf die Grünen als Hauptkonkurrenten und vernachlässigt dabei ihre Abgrenzung zur AfD, dürften ihr nicht nur Wähler aus dem moderaten Merkel-Lager verloren gehen. Fehlende Kritik der Union an der AfD kann auch dazu führen, dass diese auch im Westen stärker wird. Die Auseinandersetzung der Union mit der AfD bleibt besonders wichtig, denn gerade Wähler rechts der Mitte müssen mit Argumenten überzeugt werden, ihr Kreuz nicht bei der AfD zu machen.

Grüne nutzen SPD-Schwäche

Die Grünen haben seit Anfang 2018 vieles richtig gemacht. Die Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck haben, zumindest nach außen, für Geschlossenheit und Aufbruch gesorgt. Sie nutzten konsequent das Momentum der SPD-Schwäche, um ihre Partei als neue linke Volkspartei zu empfehlen. Zudem hat diese ihren Markenkern erhalten. In Sachen Klimaschutz, Agrar- und Verkehrswende haben die Grünen ihren Kompetenzvorsprung vor den anderen Parteien bewahrt, obwohl alle diese Themen längst entdeckt haben.

Partei hat Stadt-Land-Problem

Viel spricht dafür, dass der Grünen-Hype allmählich abebbt. Die Thüringen-Wahl, bei der die Grünen nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde genommen haben, hat ein Stadt-Land-Problem der Partei offenbart: In den Städten überzeugt sie viele Bürger, während auf dem Land viele Menschen Nachteile für sich fürchten, wenn die Forderungen der Grünen etwa nach höheren CO2-Preisen umgesetzt werden. Die Stadt-Land-Problematik erschwert den Klimaschutz in den Ländern. Habeck selbst hat als Umweltminister von Schleswig-Holstein in der dortigen Jamaika-Koalition dem Wunsch der FDP nachgeben müssen, größere Abstände zwischen neuen Windrädern und der Wohnbebauung zuzulassen.

Parteilinke nicht verprellen

Derlei Pragmatismus kann auch dazu führen, dass die Grünen Anhänger im linken Lager verlieren. Auch die Grünen müssen also aufpassen, dass sie mit ihrem klaren Bekenntnis zur Marktwirtschaft nicht neue Unruhe in die eigene Partei tragen. Habeck und Baerbock dürften allerdings geschmeidig genug sein, um auch diese Klippe zu umschiffen.

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