Kommentar zur UN-Klimakonferenz in Bonn Für dumm verkauft

Meinung · In Bonn startet an diesem Montag die UN-Klimakonferenz, auf der die kommende Weltklimakonferenz in Polen vorbereitet werden soll. Die Öffentlichkeit wird mittlerweile beim Klima für dumm verkauft, meint unser Autor Wolfgang Wiedlich. Ein Kommentar.

Ein Fakt erschlägt jeden verkündeten klimapolitischen Fortschritt: Die Weltemission erreichte 2017 eine neue Rekordmarke. Dabei müsste sie drastisch sinken, wenn der Messwert zum diplomatischen Klimagipfel-Jubel passen soll. Schlimmer noch: Das Zeitfenster zur Erreichung des Zwei-Grad-Ziels ist verstrichen - es sei denn, man hält es für realistisch, dass die Welt bald Herkules spielt und quasi von heute auf morgen kohlenstofffrei wirtschaftet. Vor diesem Hintergrund beginnt an diesem Montag in Bonn eine Sisyphus-Konferenz, auf der die Klimaschutz-Facharbeiter akribisch errechnen, was welcher Staat noch an Treibhausgasen einsparen muss, damit es klappt, die globale Erwärmung unter Kontrolle zu halten. Dabei ist etwas in Vergessenheit geraten, warum es das Zwei-Grad-Ziel überhaupt gibt: Weil eine stärkere Erhöhung der Durchschnittstemperatur einige Kippschalter des Erdklimas aktivieren und die globale Erwärmung weggaloppieren lassen würde; der Mensch könnte dann nichts mehr beeinflussen.

Alle UN-Klimakonferenzen seit 1995 haben den Verbrauch fossiler Rohstoffe nur etwas zügeln können. Mehr nicht. Es fällt auf, dass diese medial wirksam inszenierten UN-Gipfel unaufgeregt ihre Agenden änderten. Erst wurde bestritten, dass es einen Klimawandel gibt, dann, dass die Zivilisation mit ihren Gasabfällen dahinter steckt. Schließlich tauchte der Begriff "Klimaanpassung" auf der Agenda auf - die Anpassung an das Unvermeidliche. Während dieser unnötig langen Erkenntnisphase wurde wertvolle Zeit vertrödelt und die Atmosphäre weiter mit Treibhausgasen vollgepumpt.

Inzwischen wird die Öffentlichkeit sogar für dumm verkauft. Ihr wird suggeriert, dass mit weniger Gasabfällen das Erdklima zu retten sei. Es mag psychologisch angeraten sein, die Konsumgesellschaft so für das Verlassen der fossilen Ära zu motivieren, aber nun ist es "Fünf nach Zwölf". Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) kritisierte vor der Bundestagswahl denn auch, dass alle koalitionsrelevanten Parteien "die Wähler fälschlicherweise glauben machen, das Ziel sei alleine durch die Einsparung von Treibhausgasen erreichbar". Tatsächlich wird es ohne "Negativemissionen" nicht klappen - ein neuer Begriff, der nichts weniger bedeutet, als dass der Mensch mit Kunstgriffen intervenieren muss. Serienreife Verfahren, um Kohlendioxid aus der Lufthülle zu holen, existieren jedoch nicht, geschweige, dass der Öffentlichkeit bewusst wäre, dass sie notwendig sind.

So ruckelt der Klimarettungszug von einer zuversichtlichen Erklärung zur nächsten. Deutschland sitzt indes nur noch in einem der hinteren Waggons, saß aber einmal in der Klimaschutz-Lok ganz vorn. Merkel & Co. müssen das Paradoxon erklären, warum eine Energiewende keine Emissionswende bewirkt - warum parteipolitisches Gezänk um wenige Braunkohle-Arbeitsplätze den eigenen Klimaschutz vermasselt.

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