Kommentar zum Brexit Ersehnte Entscheidung

Meinung | London/Brüssel · Mit der Zustimmung zum Ratifizierungsgesetz für den Brexit-Deal ist der EU-Austritt Großbritanniens am 31. Januar so gut wie besiegelt. Am Ende zeigten sich nicht nur die Briten, sondern auch die Europäer froh, dass es eine Entscheidung gab, kommentiert Detlef Drewes.

   Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien, spricht während der Brexit-Debatte im Unterhaus.

Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien, spricht während der Brexit-Debatte im Unterhaus.

Foto: dpa/House Of Commons

Noch einmal flackerte der Streit auf. Noch einmal wurden Befürchtungen und Ängste, aber auch Hoffnungen und Versprechungen hervorgeholt – aber da hatte sich das britische Unterhaus bereits geleert. Am Ende zeigten sich nicht nur die Briten, sondern auch die Europäer froh, dass es eine Entscheidung gab und gibt, mit der beide Seiten nun weiterarbeiten können.

Doch genau genommen wurde nichts geregelt, was die künftigen Beziehungen betrifft. Denn alle guten und schlechten Argumente kommen spätestens ab Anfang Februar wieder auf den Tisch, wenn London und Brüssel einen Handelsvertrag diskutieren. Dass Premierminister Boris Johnson schon jetzt und ohne Not eine Verlängerung der Verhandlungsfrist per Gesetz ausschloss, hat die EU überrascht. Weil ein rundes und tragfähiges Wirtschaftsabkommen in der Regel sehr viel mehr Zeit braucht. Doch in Brüssel gehen viele davon aus, dass der Premier damit nur einen weiteren Anlauf nimmt, um die EU unter Druck zu setzen, die um jeden Preis einen Brexit ohne Deal vermeiden möchte.

Die EU hat dagegen angekündigt, hart zu bleiben. Was das heißt, lässt sich an vielen Freihandelsverträgen der jüngeren Zeit ablesen: In wesentlichen sozialen und ökonomischen Bereichen besteht Brüssel darauf, dass die europäischen Standards eingehalten werden. Da rasen also immer noch zwei Züge ungebremst aufeinander zu – voller Ungewissheit, wer zuerst bremst. Die enge Anbindung an Europa dürfte aber der einzige Weg sein, um wenigstens den Versuch zu unternehmen, den verdunstenden Zusammenhalt im Vereinigten Königreiche zu retten. Johnson hat an diesem Tag zwar eine Mehrheit für den Brexit bekommen. Aber ob es auch ein Gewinn für sein Land ist, muss man mehr denn je bezweifeln.

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