Kommentar zu den Missbrauchsfällen am Ako Direkter Dialog hilft
Meinung | Bad Godesberg · Genau zehn Jahre ist es her, dass der Missbrauchsskandal vom Berliner Canisiuskolleg der Jesuiten auf seine Bonner Partnerschule, das Aloisiuskolleg, überschwappte. Auch zehn Jahre später ist in der Debatte Katzenjammer zu spüren, kommentiert Ebba Hagenberg-Miliu.
Es kam im beschaulichen Bad Godesberg einem Erdbeben gleich, als sich Anfang 2010 beim GA die ersten am Aloisiuskolleg (Ako) vor Jahrzehnten missbrauchten Ex-Schüler meldeten. Sollte sich auf dem sogenannten Heiligen Berg wirklich Gewalt an Kindern und Jugendlichen bis zur Vergewaltigung ereignet haben? Und das unter anderem durch einen früheren Internats- und Schulleiter? Die ersten Opfer, die Klartext redeten, wurden als Nestbeschmutzer beschimpft – bis zwei durch die Jesuiten und das Ako beauftragte Kommissionen den Machtmissbrauch seit den 1950er Jahren bestätigten. Das Schweigen war gebrochen. Nun konnte es an die Aufarbeitung gehen.
Zehn Jahre später ist in der Debatte Katzenjammer zu spüren. Ja, es gab 2016 als Meilenstein, die auch noch im Dialog mit den Betroffenen erarbeitete Ako-Erklärung, dass die Missbrauchsfälle bleibend zur Kollegsgeschichte gehörten. Es dürfe kein Abhaken geben. Es existiert der gute Präventionsleitfaden von 2019, mit dem das Kolleg alle Schüler und Eltern informiert hat. Es gab und gibt ein engmaschiges Netz an Projekten, die sich immer wieder am Wohl Schutzbedürftiger orientieren.
Aber es gibt auch die verständliche Enttäuschung der Betroffenen. Nicht ein Täter wurde gerichtlich bestraft. Offensichtlich sei kein vormals Verantwortlicher im Orden oder im Kolleg zur Rechenschaft gezogen worden, klagt die Opfergruppe. Und offenbar würden auch die entsprechenden Machtstrukturen nicht weiter durchleuchtet.
Dafür stellen sich jetzt immer mehr 40- bis 50-jährige Ehemalige ihren Erinnerungen. Ehen und Familien zerbrechen am Trauma. Betroffene suchen Hilfe in Therapien. Die Gewalterfahrung schlägt lebenslang Schatten. Deshalb ist es an der Zeit, dass sich die Ako-Schulgemeinde, der Orden und der Eckige Tisch endlich zusammenraufen, um die nächsten Aufgaben gemeinsam anzugehen, Licht ins Dunkel früherer Schülersuizide zu werfen, sich an die Entschädigungsfrage zu wagen oder auch endlich eine Erinnerungsstätte auf dem Kollegsgelände einzurichten. Nur der direkte Dialog hilft.