Kommentar zum 40. Geburtstag der Grünen Eine Erfolgsgeschichte

Meinung | Bonn · 1980 sahen viele in den Grünen eine Zeitgeistpartei, die rasch wieder verschwinden würde. Den Grünen ist es jedoch wie keiner der anderen Parteien gelungen, den Zeitgeist der folgenden Jahre zu prägen, kommentiert Helge Matthiesen.

  D ie Grünen werden 40.

D ie Grünen werden 40.

Foto: dpa/Stefan Sauer

Mit den Grünen begann vor 40 Jahren ein neues Kapitel in der bundesdeutschen Geschichte. Sie waren die erste langfristig erfolgreiche Neugründung. Alle anderen damals aktiven Parteien blickten auf Traditionslinien zurück, die  ins 19. Jahrhundert reichten.

Was hat diese Partei so erfolgreich gemacht, dass man ihr heute zutraut, nach der nächsten Bundestagswahl erstmals das Kanzleramt zu übernehmen? Es ist die Anpassungsfähigkeit einer politischen Gruppierung, deren Anfänge kaum in diese Richtung wiesen. Allerdings brachten die Grünen schon etwas mit, das Voraussetzung des Erfolges wurde.

Die Grünen nahmen  Themen auf,  die Ende der 1970er Jahre von den anderen Parteien vernachlässigt wurden: die Ökologie, die Friedenspolitik, die Antiatombewegung, die Gleichberechtigung der Geschlechter. Ein paar Themen waren neu, einige sind erledigt. Die meisten hatten eine große Zukunft, wie man heute weiß. Die Grünen waren eine Partei junger Menschen. Sie sammelte all jene, die mit den Sozialdemokraten und den gerade verschwindenden kommunistischen Splittergruppen nichts mehr anfangen  konnten. Sie war eine Partei der gut ausgebildeten Menschen. Sie wollten neue und demokratischere Spielregeln durchsetzen.

Als Erbe dieser heterogenen Sammlung bekam sie eine Teilung in Fundamentalisten und Pragmatiker mit auf den Weg. Diese Gemengelage führte zu erbitterten Debatten, Streitereien, Spaltungen und am Ende zum Zwang, sich zu einigen. Wenn man denn politisch überleben wollte. Das war die Lehre der verlorenen Bundestagswahl von 1990. Wie keine andere Partei hat sie sich danach gewandelt. Die Gesinnungsethik wich der Bereitschaft, Verantwortung zu tragen. Ein schwieriger Wandel, für den die Partei gut aufgestellt war, denn sie ging keinem Konflikt aus dem Weg.

1980 sahen viele in den Grünen eine Zeitgeistpartei, die rasch wieder verschwinden würde. Den Grünen ist es jedoch wie keiner der anderen Parteien gelungen, den Zeitgeist der folgenden Jahre zu prägen. Die Themen der Grünen bestimmten viele Entwicklungen. Die Klimakrise ist der letzte Meilenstein. Die Partei forderte damit die anderen Parteien heraus, die ihrerseits ergrünten. Den Niedergang der SPD nutzt sie jetzt, um sich das Feld der Sozialpolitik zu erschließen. Die Grünen wandeln sich weiter. Das ist ihr Erfolgsrezept.

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