Die kleine Welt-Vollversammlung

Bonn · 1 000 Delegierte aus mehr als 80 Staaten treffen sich am Montag in Bonn, um über die Zukunft des Landes am Hindukusch zu beraten.

 Festliche Runde: Außenminister Guido Westerwelle, Mitte, spricht während des Abendessens auf dem Petersberg zu den Teilnehmern der Afghanistan-Konferenz.

Festliche Runde: Außenminister Guido Westerwelle, Mitte, spricht während des Abendessens auf dem Petersberg zu den Teilnehmern der Afghanistan-Konferenz.

Foto: ap

Der Kontrast ist schon beträchtlich: Auf der Konferenz geht es um eines der ärmsten Länder, doch das Ambiente ist überaus prächtig. Am Sonntagabend in der Rotunde des Grandhotel Petersberg lassen es sich mehr als 60 Außenminister schmecken.

Gastgeber Guido Westerwelle begrüßt seine Kollegen, die mit ihrer Anwesenheit am Sonntagabend wie am Montag auf der Konferenz im alten Plenarsaal in Bonn vor allen Dingen eines wollen: Ein Zeichen setzen, dass sie Afghanistan nicht alleine lassen. Eine der wichtigsten fehlt in der Runde noch: Hillary Clinton. Die US-Außenministerin fliegt erst Sonntag Nacht aus Asien ein, aber ihre Delegation macht im "Kameha" schon kräftig Pressearbeit. Eine Sonderbotschafterin unterstreicht am Sonntagmittag, wie wichtig es gerade den USA sei, für die Achtung der Frauenrechte in Afghanistan zu sorgen.

Am "Zeichen für Afghanistan" wird seit Wochen hart gearbeitet, seit Tagen praktisch pausenlos. Der deutsche Sonderbeauftragte Michael Steiner und der stellvertretende afghanische Außenminister Dschaued Ludin beugen sich mit anderen Offiziellen ein ums andere Mal über die acht Seiten lange Abschlusserklärung. Selbst als die Minister essen, wird weiter verhandelt.

Afghanistan-Konferenz
28 Bilder

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Es geht um "a kind of a deal", wie der deutsche Außenminister Westerwelle am Samstag in der Beethovenhalle sagt, wo ein zivilgesellschaftliches Forum tagt und seine Forderungen an die Konferenz formuliert. Die Zivilgesellschaft in Afghanistan soll nach all den Jahren der kriegerischen Auseinandersetzung sichtbar ins Zentrum dieser Konferenz gehoben werden. 34 Delegierte sitzen im Studio der Beethovenhalle und am Montag im Plenarsaal, 18 Männer, 16 Frauen, darauf ist die Delegation besonders stolz.

Zwei von ihnen werden Gelegenheit haben, heute zu den Delegierten aus aller Welt zu sprechen: Barry Salaam vom afghanischen "Radio Good Morning" spricht von den zerbrechlichen Fortschritten in seinem Land, vom langen Atem, den es brauche. 25 Jahre lang sei Afghanistan zerstört worden, 25 Jahre werde es brauchen, es wieder aufzubauen. Salaam ist skeptisch, was die Verhandlungsbereitschaft der Taliban angeht, vermag nicht, gute, schlechte oder - wie Bundeskanzlerin Angela Merkel im GA-Interview - gemäßigte Taliban zu unterscheiden.

Auch Selay Ghaffar trägt eine gehörige Portion Skepsis nach Bonn. "Wir müssen wegkommen von der Kultur der Straffreiheit", sagt sie. Sie fordert den Rechtsstaat für ihr Land - endlich. Doch beide betonen auch die Fortschritte, so wie es Hans-Gert Pöttering, der Vorsitzende der mitveranstaltenden Konrad-Adenauer-Stiftung tut oder auch Botschafter Steiner. Pöttering beklagt, Erfolgsgeschichten aus dem Land am Hindukusch würden ausgeklammert und äußert seine "hohe Bewunderung" für das Engagement der Bürger im Land. Steiner erinnert daran, dass ein Treffen wie dieses vor zehn Jahren undenkbar gewesen sei. Die afghanische Gesellschaft, sagt er, habe sich "aus der Grabesstille befreit".

Peter Struck, der ebenfalls mitveranstaltende Chef der Ebert-Stiftung, sieht das als Oppositioneller naturgemäß kritischer: Er beobachte die Entwicklung mit Sorge, habe kein Vertrauen in die Regierung Karsai und spüre eine gewisse Müdigkeit, die sich in Deutschland gegenüber Afghanistan breit mache.

Derweil sitzt der angesprochene Präsident Hamid Karsai in seiner Berlin-Suite auf dem Petersberg und äußert öffentlich Sorge über einen Rückfall des Landes in die Zeit vor der Jahrhundertwende, wenn nach dem Abzug der internationalen Truppen die Unterstützung rarer werde.

Sorgen, die sich auch andere machen: Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon, in seinem Königswinterer Maritim-Hotel, der russische Außenminister Sergej Lawrow, der im Bonner Maritim untergekommen ist. Oder der Brite William Hague (Kameha) und der Franzose Alain Juppé, der im Bonner Hilton Quartier bezogen hat. Aufmerksam registriert wird die Hochrangigkeit der iranischen Delegation, die im Dorint auf dem Venusberg logiert, zusammen mit Delegationen weiterer Nachbarländer Afghanistans.

Ban Ki-Moon eilt am Nachmittag ins Bonner Rathaus, um sich bei OB Jürgen Nimptsch ins Goldene Buch einzutragen (zum zweiten Mal nach 2008). Er lobt (in deutscher Sprache) die UN-Stadt Bonn, und der ihn begleitende deutsche Außenminister verspricht, sie weiter auszubauen. Etwa durch die Konferenz heute am Rhein.

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