Zweckentfremdungssatzung Wohnungs-Leerstand in Bonn bald verboten?

BONN · Bezahlbarer Wohnraum ist knapp in Bonn. Um daran etwas zu ändern, hat die Stadt im Januar ein Wohnraumversorgungskonzept vorgelegt. Wie das personell und finanziell umgesetzt werden soll, ist zwar bislang ungeklärt. Jetzt kündigt sich aber ein erster konkreter Schritt im Kampf gegen Wohnungsleerstand an - mit Hilfe einer Zweckentfremdungssatzung.

Sollte der Rat sie beschließen, müssten Hausbesitzer künftig unter anderem für die Umwandlung von Wohn- in Büroraum sowie Leerstände eine Genehmigung einholen.

Einen Antrag zur Einführung der Zweckentfremdungssatzung hat die Ratsfraktion der Linkspartei gestellt: "Angesichts des unabweisbar fehlenden Wohnraums ist eine Satzung gegen die Zweckentfremdung in Bonn nicht nur rechtlich gut begründbar, sondern geboten, um den Verlust von Wohnraum so gut wie möglich einzuschränken", heißt es dort.

Das Sozialdezernat begrüßt den Vorstoß. Die Satzung verbiete Leerstände und die Umnutzung von Wohnraum, sagt Heinz-Günter Benden, Abteilungsleiter Wohnen. "Diese Satzung ist aus unserer Sicht ganz wichtig, so kann man spekulative Leerstände verhindern", so Benden. Wer eine Ausnahmegenehmigung erhalte, müsse einen Ausgleich zahlen. Der könne sich auf bis zu 200 Euro pro Quadratmeter belaufen.

Früher gab es eine Zweckentfremdungsverordnung des Landes, die 2006 außer Kraft gesetzt wurde. Mittlerweile stellt die Landesregierung es den Kommunen anheim, eine Satzung einzuführen. Die damals gültige Verordnung habe Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt gehabt, meint Benden.

Die praktische Umsetzung solle unter anderem über Außendienstmitarbeiter sichergestellt werden, die angehalten seien, leer stehende Wohnungen zu melden. "Mit weniger als zwei Mitarbeitern braucht man gar nicht anzufangen; das ist zu aufwendig. Aber es lohnt sich."

Das Sozialdezernat will deshalb einen Sachbearbeiter sowie einen Hochbautechniker einsetzen. Das geht aus Auflistung hervor, die Sozialdezernentin Angelika Maria Wahrheit den Fraktionen vorlegte. "Sie bezieht sich sowohl auf den Aufgabenbereich ,Wohnungsaufsicht' als auch den die Abteilung ,Wohnen' betreffenden Teil der Umsetzung des Wohnraumversorgungskonzepts", heißt es im Brief der Dezernentin. Nach Ansicht des Sozialdezernats benötigt die Verwaltung demnach:

  • Wohnungsaufsicht frei finan zierter Wohnungen: Zwei Außendienstmitarbeiter, außerdem zwei Sachbearbeiter, die unter anderem für die Bewertung rechtlicher Zusammenhänge sowie ordnungsbehördliche Maßnahmen verantwortlich sind. Außerdem einen Hochbautechniker, unter anderem für die Einschätzung bautechnischer Sachverhalte.
  • Begleitung des Quartiersmanagements: Zwei Sachbearbeiter, möglicherweise Stadtplaner oder Sozialarbeiter, zur Teilnahme an Lenkungsgruppen und Berichterstattung.
  • Aufbau des Netzwerkes "Innovation durch Einzeleigentümer": Ein Sachbearbeiter zur Unterstützung des Beratungsbüros Stadthaus-Loggia und zum Aufbau des Beratungsnetzwerkes.
  • "Bonner Model" zur Schaffung von Wohnungen mit wohnungsnaher Pflegeinfrastruktur: Ein Sachbearbeiter (Sozialarbeiter) zum Aufbau des Netzes von Häusern, Auswahl, Begleitung des Pflegedienstes.

Ob das Personal eingestellt werden muss oder verwaltungsintern umstrukturiert wird, steht nicht fest. Nach Angaben des Presseamtes benötigt das Amt für Wohnen laut Sozialdezernentin "zusätzliche Stellen". Auch die vor-aussichtlichen Kosten ließen sich noch nicht beziffern.

Neue Satzung: Reaktionen aus dem Rat
"Wir brauchen diese Satzung angesichts beengter Wohnverhältnisse in Bonn dringend als Instrument gegen die Heuschrecken", sagt Bernhard "Felix" von Grünberg, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion. Die Satzung sei ein wesentliches Instrument der Wohnungsaufsicht.

"Eine Zweckentfremdungsverordnung halte ich für einen hilfreichen Baustein in einem gesamtstädtischen Wohnraumkonzept", so der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Ratsfraktion, Detmar Jobst. Man dürfe aber keine Wunder erwarten; die Anwendung müsse zudem mit Augenmaß erfolgen: "Die Diskussion führen wir gerade." "Auch wir sind noch in der Diskussion", sagt Ingeborg Cziudaj (CDU).

Die FDP-Fraktion dagegen lehnt die Zweckentfremdungssatzung ab, da diese "eine zu große Reglementierung" darstelle, betont der Fraktionsvorsitzende Werner Hümmrich. "Ein Vermieter muss die Möglichkeit haben, sich aus triftigen privaten Gründen gegen eine Weitervermietung zu entscheiden", begründet Hümmrich.

Sonst werde in Einzelfällen sogar die Stadtteilentwicklung behindert. Die bestehenden rechtlichen Regelungen reichten, konsequent angewendet, aus.

"So eine Satzung ist im Prinzip sinnvoll", erklärt Marcel Schmitt (BBB), wirft jedoch gleichzeitig Fragen auf. Was ist zu tun, wenn das Haus saniert werden muss, aber kein Geld da sei? "Das ist rechtlich fragwürdig", so Schmitt, der auch die "Aufblähung des Verwaltungsapparates" befürchtet.

Die Satzung fördere zudem "Denunziantentum". Die Stadtverwaltung habe zudem noch nicht belegt, dass die Situation wirklich so dramatisch sei, dass man zum Mittel der Satzung greifen müsse.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort