Kultur - Der Traum vom Gleichgewicht

Henri Matisses Bild "La danse" als Sinnbild der Lebensfreude

"Ich liebe den Tanz, er ist Leben und Rhythmus." Beim Gedanken an die Stunden im legendären Moulin de la Galette geriet der alte Henri Matisse in Verzückung. 80-jährig rekapituliert er - vier Jahre vor seinem Tod - in einem Interview mit Georges Charbonnier, wie es zu dem Gemälde "La danse" gekommen war. Sergej Schtschukin, Moskauer Textilimporteur, Sammler und Vegetarier, wie Matisse einmal anmerkte, hatte bei dem Künstler Dekorationsgemälde für das Treppenhaus seines Domizils bestellt - für die beträchtliche Summe von 27 000 Francs. Matisse ging, den Vertrag in der Tasche, ins Moulin de la Galette und sah sich die Tänzer und die Tänze an, vor allem den fröhlichen provençalischen Rundtanz Farandole. Zu einem "hüpfenden Rhythmus" halten sich die Tänzer an der Hand, rennen durch den Saal und schlängeln sich durchs Publikum. "Zu Hause", erinnert sich Matisse, "komponierte ich meinen Tanz auf einer Leinwand von vier Metern und sang dazu die gleiche Melodie, die ich im Moulin de la Galette gehört hatte, sodass die ganze Komposition und alle Tänzer eine Harmonie bilden und im gleichen Rhythmus tanzen."

Matisse hat sich wiederholt dem Tanz gewidmet, ein Thema, das ohnehin seit dem Beginn des Jahrhunderts immer beliebter wurde. Im Bild "La joie de vivre" (Die Lebensfreude) von 1905/06 kreisten auf einer Lichtung die Tänzer. 1909 entstand der heute im Museum of Modern Art New York hängende Entwurf zum Moskauer Bild, das in der Eremitage St. Petersburg zu bewundern ist. Das Gemälde "Stilleben mit dem Tanz" von 1909 zeigt das Moskauer Bild als Ausschnitt auf der Staffelei stehend.

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