Kampf gegen illegale Migration Juncker beklagt "Heuchelei" der EU-Staaten beim Grenzschutz

Brüssel · Erst wenn die EU-Außengrenzen sicher sind, muss im Schengenraum nicht mehr kontrolliert werden - so argumentiert auch die Bundesregierung. Aber der Aufbau des EU-Grenzschutzes lahmt. Sehr zum Ärger des EU-Kommissionspräsidenten.

 Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Mitte Dezember in Berlin.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Mitte Dezember in Berlin.

Foto: Britta Pedersen

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat den EU-Staaten "himmelschreiende Heuchelei" beim Aufbau der europäischen Grenzschutztruppe vorgeworfen.

"Alle EU-Staats- und Regierungschefs haben über zwei Jahre lang den besseren Schutz der europäischen Außengrenze gefordert", sagte Juncker der "Welt am Sonntag". "Und jetzt kommen plötzlich von vielen Seiten Bedenken."

Die Staats- und Regierungschefs hatten den Schutz der Außengrenze gegen illegale Migration Ende Juni zur Priorität erklärt. Junckers Behörde hatte daraufhin im September vorgeschlagen, der EU-Grenzschutzagentur Frontex bis 2020 eine ständige Reserve von 10.000 Beamten zur Verfügung zu stellen - rund 8500 mehr als heute. Gegen den Zeitplan erhoben jedoch viele EU-Staaten Bedenken.

Juncker kritisierte, dass es den Regierungen nun doch zu schnell gehe und ihnen die Zahl der Frontex-Beamten zu hoch sei. "Das ist doch eine himmelschreiende Heuchelei", sagte der Kommissionspräsident. Gerade diejenigen, die den unterentwickelten Außengrenzschutz lautstark kritisiert hätten, wollten sich nicht engagieren. "So kann Europa nicht funktionieren", sagte Juncker. "Wir müssen schnell handeln, damit wir vorbereitet und die EU-Außengrenzen auch wirklich unter Kontrolle sind."

Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft schlug zuletzt vor, die ständige Reserve erst bis 2027 auf 10.000 Einsatzkräfte aufzustocken. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnet 2025 als "machbaren Zeitplan".

Seehofers Staatssekretär Stephan Mayer bekräftigte dies. "Wir sind gar nicht so weit auseinander", sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dass Frontex gestärkt werden solle, sei Konsens. Uneins sei man über das Tempo. "Und da sagen wir, dass der Sprung von jetzt 1500 auf 10.000 Beamte im Jahr 2020 sehr ehrgeizig und streng genommen nicht zu erreichen ist." Realistisch sei erst 2025. Deutschland würde dann 1000 Beamte abstellen statt derzeit 225.

Der CDU-Europapolitiker David McAllister mahnte, es gebe Handlungsbedarf. "Defizite beim Schutz unserer EU-Außengrenze gefährden eine der zentralen Errungenschaften des europäischen Einigungsprojekts: den Schengenraum", sagte McAllister dem RND.

Im Schengenraum herrscht eigentlich Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen. Deutschland und einige andere EU-Länder kontrollieren jedoch seit der Flüchtlingskrise 2015 wieder einige Grenzabschnitte mit Hinweis auf mangelhaften Schutz der Außengrenzen. Die EU-Kommission verlangt ein Ende dieser Kontrollen.

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