Wegen unterirdischer Höhlen Wohnhäuser in Mendig müssen evakuiert werden

Mendig · Mendig in der Osteifel steht gleichsam auf einem riesigen Schweizer Käse: Ein Höhlensystem durchzieht den Untergrund. Aus Angst vor Einstürzen sichern Experten zahlreiche Hohlräume. Anwohner müssen kurzzeitig ausziehen.

 Unter der Stadt Mendig liegen durch Basaltabbau entstandene Hohlräume. Mehrere Häuser müssen deshalb zeitweise evakuiert werden, die Hohlräume sollen mit einem Spezialbeton aufgefüllt werden.

Unter der Stadt Mendig liegen durch Basaltabbau entstandene Hohlräume. Mehrere Häuser müssen deshalb zeitweise evakuiert werden, die Hohlräume sollen mit einem Spezialbeton aufgefüllt werden.

Foto: dpa

Die Evakuierung mehrerer teils einsturzgefährdeter Wohnhäuser in Mendig in der Osteifel wegen Höhlen im Untergrund verschiebt sich leicht. Ursprünglich war dies im Oktober vorgesehen. „Die Terminankündigung war etwas zu optimistisch“, sagte Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Die Ausschreibung des Auftrags für eine Spezialfirma für die Verfüllung der Hohlräume aus den Zeiten des früheren Bergbaus in der Kleinstadt habe länger gedauert als erwartet.

In der kommenden Woche müssten allerdings die Bewohner zweier Einfamilienhäuser für etwa 14 Tage auf Kosten der Stadt und der Verbandsgemeinde Mendig in Ferienwohnungen umziehen. Im Januar müssen laut Ammel auch die Bewohner von vier weiteren Häusern den gleichen Schritt tun - hier wohl sogar für sechs bis sieben Wochen.

„Die zwei Hohlräume sind in diesem Fall größer“, erklärte der Rathauschef. Der Spezialbeton könne nur langsam eingebracht werden, damit die unteren Schichten sich sicher verfestigten. „Wenn die Betroffenen zurückkommen und wirklich festen Grund unter ihren Häusern haben, ist es die Mühsal wert gewesen“, urteilte Ammel. Die Gebäude würden zuvor von einem Wachdienst bewacht.

Im September hatte einer der Betroffenen, Andreas Kiefer, gesagt: „Ich bin sprachlos. Wir wissen nicht, was in fernerer Zukunft mit unserem Haus sein wird.“ Sein Nachbar Oleg Gubenko zeigte sich immerhin froh, „dass das Land Rheinland-Pfalz die Kosten der Bodensicherung übernimmt und nicht wir darauf sitzen bleiben“.

Brauereien nutzten Felsenkeller

Vor 14 Jahren hat Familie Gubenko in Mendig ein Haus gebaut. „Wir haben gewusst, dass es hier viele unterirdische Hohlräume vom historischen Bergbau gibt“, sagt Oleg Gubenko am Mittwoch. „Aber es wurde ein Bodengutachten gemacht und wir waren uns sicher, dass alles gut ist.“

Mendig hatte ein halbes Jahrtausend Basaltbergbau in dem erkalteten Lavastrom eines vor 200.000 Jahren ausgebrochenen Vulkans erlebt. Helmut Koll, Leiter des Museums Lava-Dome und des Besucherbergwerks der Stadt Mendig, sagt: „Von hier aus sind Mühlsteine als Exportschlager in die ganze Welt geliefert worden. Das ursprüngliche, unterirdische Abbaugebiet war 390 Fußballfelder groß.“

Im 19. Jahrhundert nutzten bis zu 28 Brauereien die Felsenkeller mit einer konstanten niedrigen Temperatur zur Lagerung ihrer Bierfässer. Etwa die Hälfte der Unterwelt ist laut Koll noch heute erhalten. Manchmal erlebten die Bürger von Mendig Überraschungen, beispielsweise vor 30 Jahren, als auf dem Sportplatz unverhofft ein Loch klaffte. So etwas sorgt für Unruhe.

"Schutz dieses weltweit bedeutenden Kulturgutes"

Seit 2011 hat das Land laut der SGD Nord fachliche Erkundungen des Landesamts für Geologie und Bergbaus mit rund 1,5 Millionen Euro finanziert. Die Hohlräume mit einer Gesamtfläche von 200.000 Quadratmetern wurden flächendeckend vermessen, kartiert und ihre Standsicherheit detailliert festgehalten. Mit Bohrungen wiesen die Experten acht unzugängliche Hohlräume nach. Für die betretbaren Felsenkeller wurden Eingänge zum Teil erneuert. Das Netz von Messpunkten zur Kontrolle der Stabilität erweiterten die Fachleute erheblich.

Bei verschlossenen Hohlräumen können die Fachleute die Standsicherheit nicht genau beurteilen. Deshalb entschieden sie laut SGD Nord, für die Erschließung eines größeren Hohlraums einen neuen Schacht zu bauen sowie die zwei kleineren Hohlräume unter jenen Häusern zu verfüllen, deren Bewohner deshalb bald kurzzeitig umziehen müssen. Die Kosten betragen nach den Angaben voraussichtlich rund 2,5 Millionen Euro und sollen ebenfalls vom Land übernommen werden.

Der Mendiger Verbandsgemeinde-Bürgermeister Jörg Lempertz spricht von einzigartigen und atemberaubenden Felsenkellern. Es gehe um den „Schutz dieses weltweit bedeutenden Kulturgutes“ bei gleichzeitig verbessertem Schutz für gefährdete Anwohner. Am Dienstagabend informierten Experten auf einer Bürgerversammlung in Mendig ausführlich über die Probleme der Unterwelt des Osteifel-Städtchens.

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