Fragen und Antworten Was die Öffnung der Ehe in der Praxis bedeutet

Berlin · Ein Sieg für die Liebe und die offene, freie Gesellschaft in Deutschland - so würdigen die Befürworter die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Was wurde im Bundestag beschlossen und wie geht es weiter?

 "Ehe für alle!": Eine Regenbogenfahne hängt über dem Eingang zur SPD-Parteizentrale im Willy-Brandt-Haus in Berlin.

"Ehe für alle!": Eine Regenbogenfahne hängt über dem Eingang zur SPD-Parteizentrale im Willy-Brandt-Haus in Berlin.

Foto: Monika Skolimowska

Jahrhundertelang konnten in Deutschland nur Mann und Frau eine Ehe schließen. Jetzt aber sollen auch Homosexuelle heiraten dürfen - so sieht es ein Gesetzentwurf vor, der mit großer Mehrheit vom Bundestag beschlossen wurde.

Was soll sich ändern?

Das Gesetz öffnet die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare - mit allen Rechten und Pflichten. Bisher, genau genommen seit 2001, konnten Homosexuelle hierzulande nur eine Lebenspartnerschaft amtlich eintragen lassen, eine Art "Ehe light". Unterschiede zur Ehe, etwa im Miet-, Erb- und Steuerrecht, wurden über die Jahre zwar beseitigt - oft erst auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts. Aber es blieben Benachteiligungen. Die größte war zuletzt, dass Lebenspartner nicht gemeinsam Kinder adoptieren dürfen. Die wesentliche Änderung findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. In Paragraf 1353 heißt es künftig: "Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen." Ergänzt wurden die sieben Wörter "von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts".

Warum soll die Ehe Homosexuellen offen stehen?

Dass die Ehe gleichgeschlechtlichen Paaren momentan verwehrt werde, sei "eine konkrete und symbolische Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität", heißt es in dem seit langem vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates. "Angesichts des gesellschaftlichen Wandels und der damit verbundenen Änderung des Eheverständnisses" gebe es keine haltbaren Gründe für ein Festhalten am Status quo.

Werden aus Lebenspartnern dann automatisch Eheleute?

Nein. Die Umwandlung erfolgt nur auf Wunsch. Beide Partner müssen auf dem Standesamt "gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit" erklären, künftig eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen.

Werden auch künftig noch Lebenspartnerschaften eingetragen?

Nein. In Artikel 3 des Gesetzes heißt es: "Lebenspartnerschaften können ab Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr begründet werden."

Wann können die ersten schwulen oder lesbischen Paare heiraten?

Frühestens im Herbst. Das Gesetz tritt erst drei Monate nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

Kann das Ganze noch scheitern?

Es gibt tatsächlich rechtliche Risiken. Konservative Unionspolitiker erwägen schon, eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie argumentieren, mit der vom Grundgesetz besonders geschützten Ehe sei nur eine Verbindung zwischen Mann und Frau gemeint - auch, weil nur daraus Kinder hervorgehen könnten. So habe es auch das Verfassungsgericht in der Vergangenheit stets gesehen. Auch Kanzlerin Angela Merkel ist der Ansicht, das Grundgesetz schütze die Ehe von Mann und Frau. Sie hat deshalb im Bundestag mit Nein gestimmt. Dass sie sich einer Klage anschließt, ist aber höchst unwahrscheinlich. Die CDU-Chefin hofft jetzt auf gesellschaftlichen Frieden.

Was sagen die Befürworter der Neuregelung dazu?

Sie kontern, der Ehebegriff sei im Grundgesetz nicht abschließend definiert. Dem Gesetzgeber stehe es deshalb frei, ihn zu erweitern. Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) meint, es gebe einen Wandel des traditionellen Eheverständnisses. Wegen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sei die Ehe für alle also verfassungsrechtlich zulässig. Der Wortlaut der Verfassung hilft in dem Streit tatsächlich kaum weiter: "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung", heißt es in Artikel 6, Absatz 1.

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