Gewaltenteilung Warum Richter unabhängig entscheiden dürfen

Münster · Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) wird für seine Forderung kritisiert, wonach Richter auch das Rechtsempfinden der Bevölkerung im Blick haben müssten.

 Die modellhafte Nachbildung der Justitia steht auf dem Tisch eines Richters.

Die modellhafte Nachbildung der Justitia steht auf dem Tisch eines Richters.

Foto: Volker Hartmann/Archiv

Richter sind nach dem deutschen Grundgesetz aber allein den Gesetzen unterworfen - und nicht etwa Befindlichkeiten von Personen oder Gruppen. Gerichte unterliegen keinerlei Weisung von Vorgesetzten, Regierung, Parlament oder Parteien. Diese Stellung ergibt sich aus der Gewaltenteilung, dem Grundprinzip einer demokratischen Ordnung.

Die Gewaltenteilung bewirkt, dass der Staat seine Macht nicht unkontrolliert einsetzt. Grundsätzlich beschließen Bundestag und Bundesrat als LEGISLATIVE die Einführung oder Änderung von Gesetzen. Für deren Einhaltung und Umsetzung sorgt die EXEKUTIVE. Zu dieser ausführenden Gewalt gehören etwa Polizei und Verwaltung, aber auch Regierungschefs und Bürgermeister. Mitunter sind Exekutive und Teile der Legislative miteinander verschränkt. Die JUDIKATIVE entscheidet, ob gegen Gesetze verstoßen wurde. Niemand kann Richtern vorschreiben, wie ein Prozess zu führen ist, noch ein bestimmtes Urteil erzwingen.

Die Aufhebung der Gewaltenteilung ist ein wesentliches Merkmal von Diktaturen. So hatte etwa das Strafgesetzbuch der Nationalsozialisten einen Paragrafen, nach dem eine Tat zu bestrafen sei, die "nach dem Grundgedanken des Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient". Dieses von der Gesetzgebung entkoppelte Vorgehen wird als typisches NS-Unrecht definiert. Auch in der DDR war die abhängige Justiz den Weisungen der Staatsführung unterworfen. Richter und Staatsanwälte wurden von der Regierung bestimmt.

In jüngster Zeit gibt es in einigen demokratischen Ländern die Befürchtung, dass Regierungen die Unabhängigkeit der Gerichte einschränken könnten. Die Europäische Kommission hat etwa gegen das EU-Mitglied Polen ein Rechtsstaatsverfahren gestartet. Die Behörde befürchtet wegen der dortigen Justizreform politischen Einfluss der rechtskonservativen Regierungspartei auf die Gerichte.

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