Über Nacht zu weltweitem Ruhm

Käthe Kruse bastelte vor 100 Jahren für ihre Tochter Mimerle eine erste Puppe - Haus Schlesien in Heisterbacherrott widmet der erfolgreichen Unternehmerin eine Schau mit Puppen, Spielzeugen und Informationen

  Kindheitserinnerungen  wecken die Käthe-Kruse-Puppen sicher bei vielen Besuchern im Haus Schlesien. Sie werden zusammen mit anderem Spielzeug aus ihrer Zeit präsentiert. Foto: Holger Handt

Kindheitserinnerungen wecken die Käthe-Kruse-Puppen sicher bei vielen Besuchern im Haus Schlesien. Sie werden zusammen mit anderem Spielzeug aus ihrer Zeit präsentiert. Foto: Holger Handt

Heisterbacherrott. Wohl kaum ein Spielzeug hat Generationen von Menschen so fasziniert, sie oft ihre ganze Kindheit und manchmal gar bis ins Erwachsenenalter begleitet, wie die Käthe-Kruse-Puppen. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Käthe-Kruse-Puppenherstellung im kommenden Jahr ist im Haus Schlesien eine Sonderausstellung zu diesem Thema zu sehen.

Gezeigt werden nicht nur Kruse-Puppen aus der Sammlung von Gudrun Scholz-Knobloch, der ehemaligen Leiterin des Spielzeug- und Kinderwelt Museums am Steinhuder Meer, liebevoll arrangiert mit Spielzeugen der entsprechenden Zeit, sondern auch Bücher und viele Informationen über die erfolgreiche Unternehmerin Kruse.

Ihre Karriere begann die gebürtige Breslauerin als Schauspielerin am Lessing-Theater in Berlin. Nach ihrer Hochzeit mit dem Bildhauer Max Kruse widmete sie sich als junge Mutter ausschließlich ihren Kindern. Ihrer Tochter Mimerle bastelte sie 1905 eine Puppe aus einem zusammengeknoteten Küchenhandtuch, mit einer Kartoffel im Kopf und Sand im Bauch. Doch dieser erste Versuch hielt der Beanspruchung durch die Kinderhände nicht lange stand, bald schon rieselte der Sand aus dem Bauch. So bastelte Käthe Kruse weitere Puppen, nutzte haltbarere Materialien und entwickelte die Fertigungstechnik weiter.

Der große Durchbruch gelang der Puppenherstellerin 1910 bei einer Ausstellung "Spielzeug aus eigener Hand" im Berliner Warenhaus Hermann Tietz, bei der sie über Nacht berühmt wurde. Bei der Internationalen Puppenausstellung in Florenz wurde sie im folgenden Jahr mit der Großen Goldmedaille ausgezeichnet. Nun war der Erfolg nicht mehr aufzuhalten.

1912 gründete Käthe Kruse die "Werkstätten für Käthe-Kruse-Puppen in Bad Kösen, sie meldete mehrere Patente an, darunter das für ein Drahtskelett für bewegliche Puppenkörper, und immer weiter wurde die Entwicklung der Puppenköpfe voran getrieben. Diese waren zunächst aus Stoff gefertigt, der über Formen gezogen mit Leim und Gips fixiert und danach bemalt wurde.

Mit dem "Deutschen Kind" entstand 1929 die erste Puppe mit drehbarem Kopf und Echthaarperücke. Nach dem Krieg wurde Käthe Kruse enteignet, das Werk in Bad Kösen in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt. Die Söhne errichteten in Bad Pyrmont und Donauwörth Zweigwerke, die 1949 fusionierten. In den 60er Jahren wurde die Produktpalette um Spielzeuge für Kleinkinder aus Plüsch und Frottee erweitert, für die Puppenköpfe kamen neue Materialien wie Celluloid zum Einsatz. Die 1968 verstorbene Käthe Kruse hinterließ ein florierendes Unternehmen, das bis 1990 im Familienbesitz blieb.

Die Ausstellung ist im Haus Schlesien, Dollendorfer Straße 412 in Heisterbacherrott, bis einschließlich Ostern 2005 zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellung dienstags bis samstags von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Führungen für Gruppen sind nach Voranmeldung unter der Rufnummer (0 22 44) 88 60 auch außerhalb dieser Zeiten möglich.

(Kritik aus dem General-Anzeiger)

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