Migration Staat nimmt Flüchtlingen auch in Deutschland Bargeld ab

Berlin · Sie fliehen vor Krieg und Elend und haben oft nur wenige Habseligkeiten dabei. Doch bei Flüchtlingen, die größere Summen Geld oder andere Wertsachen mitbringen, greifen die Behörden zu.

 Flüchtlinge schlafen in einer Notunterkunft. In Bayern und Baden-Württemberg müssen Flüchtlinge mitgeführtes Bargeld abgeben.

Flüchtlinge schlafen in einer Notunterkunft. In Bayern und Baden-Württemberg müssen Flüchtlinge mitgeführtes Bargeld abgeben.

Foto: Boris Roessler

Ähnlich wie in der Schweiz müssen Flüchtlinge auch in Deutschland mitgebrachtes Bargeld unter Umständen abgeben.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der "Bild"-Zeitung zur Praxis in seinem Bundesland: "Asylbewerber werden bei der Ankunft in den Aufnahmeeinrichtungen auf Dokumente, Wertsachen und Geld durchsucht. Barvermögen und Wertsachen können sichergestellt werden, wenn es mehr als 750 Euro sind und wenn ein Erstattungsanspruch gegen die Person besteht oder erwartet wird." Aus dem Integrationsministerium in Baden-Württemberg hieß es, bisher sei Flüchtlingen in Einzelfällen Geld abgenommen worden. Zielgerichtete Durchsuchungen es aber nicht. Dort gilt eine Grenze von 350 Euro.

Laut Asylbewerberleistungsgesetz gibt es in Deutschland grundsätzlich die Regel, dass Schutzsuchende staatliche Leistungen nur dann bekommen, wenn sie selbst nicht genug Geld besitzen oder verdienen. Das heißt, sie müssen verfügbares Vermögen bis zu einem bestimmten Freibetrag aufbrauchen. Laut bayerischem Sozialministerium kann der Staat auch im Voraus etwas einkassieren und Schutzsuchenden bei der Ankunft in Deutschland Geld oder andere Dinge wie Schmuck ab einem bestimmten Wert abnehmen. Für die genaue Ausführung seien die Bundesländer zuständig. Deshalb variiere die Praxis von Land zu Land.

Herrmann sagte, das Vorgehen in Bayern und die Bundesregelungen im Asylbewerberleistungsgesetz entsprächen im Wesentlichen dem Verfahren in der Schweiz. Dort sind Asylsuchende verpflichtet, bei der Einreise persönliche Vermögenswerte von mehr als 1000 Franken (914 Euro) abzugeben, um sich an den Kosten für ihren Aufenthalt zu beteiligen.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sagte der "Bild"-Zeitung: "Wer bei uns einen Asylantrag stellt, muss vor der Hilfegewährung grundsätzlich sein Einkommen und Vermögen aufbrauchen. Dazu zählt auch Familienschmuck. Auch wenn sich manche Vorurteile hartnäckig halten - als Asylbewerber hat man es mitnichten besser als ein Hartz-IV-Empfänger." Bei ihnen wird persönliches Vermögen ebenfalls mit den Sozialleistungen verrechnet.

Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke kritisierte die Praxis. "Anstatt Flüchtlingen ihr in der Regel geringes Vermögen abzunehmen, sollten diese das Recht auf Arbeit von Anfang an erhalten", mahnte sie. "Dann könnten sie mit eigenem Verdienst zur Deckung der Kosten ihres Lebensunterhalts beitragen." Flüchtlingen auch noch den Familienschmuck abzunehmen, finde sie geradezu herzlos. "Denn dabei handelt es sich oftmals um die wenigen Erinnerungsstücke an zurückgelassene Angehörige."

Fälle, in denen Schmuck eingezogen wurde, gab es in Baden-Württemberg zum Beispiel bisher nicht, wie ein Sprecher des Integrationsministeriums erklärte. Den Wert per Gutachten festzustellen, sei aufwendig und beim derzeitigen Flüchtlingszugang gar nicht zu leisten.

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