So viele können nicht irren

Museumsmeile - Zeichen für eine positive Zukunft

Die Zukunft der Bonner Museumsmeile begann, jedenfalls sah es damals so aus, zu einer Zeit, in der sich hier niemand so recht traute, von Zukunft zu sprechen. Als im Juni 1992 mit einem imposanten Doppel-Paukenschlag an der B 9 gleich zwei Kulturpaläste, die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland und das Kunstmuseum Bonn, eröffnet wurden, war es nämlich um die Bonner Psyche gar nicht gut bestellt.

Wiedervereinigung, Hauptstadtbeschluss, später dann Regierungsumzug nach Berlin, markierten eine politische und gesellschaftliche Wende mit einer Tragweite, wie es sie in der Kommune oder auch im Bund noch nie gegeben hatte. Der Weg von der Bundeshaupt- zur Bundesstadt war von Ängsten begleitet, der "Rutschbahneffekt" Richtung Berlin gehörte dazu.

Als markante Zeichen gegen den grassierenden Pessimismus boten sich sowohl Gustav Peichls türkis leuchtende Kegel auf dem Dach der Bundeskunsthalle an als auch das elegant schwebende Vordach und die wunderbare Innentreppe des Kunstmuseums, beides Elemente, die dessen Architekt Axel Schultes später auch im Berliner Bundeskanzleramt verwendete.

Viel ist über das in Deutschland einmalige Bonner Architektur- und Kulturensemble geschrieben worden, viel Lob wurde verteilt, aber auch Neider gab es unter den Kommentatoren. Zwei sehr heterogene Bauten, zwei völlig verschiedene museale Ansätze mit ihren individuellen Geschichten trafen hier am Rande einer großzügigen Piazza zusammen (auf der man im Frühjahr und Herbst, wenn das Open-Air Zelt nicht da ist, auch vorzüglich sitzen und essen kann).

Im Juni 1994 kam ein paar hundert Meter stadteinwärts mit dem Haus der Geschichte eine weitere Attraktion hinzu. Aus dem früheren Museumsforum mit Bundeskunsthalle und Kunstmuseum wurde nun die Museumsmeile. Zum Angebot von populären kulturhistorischen Ausstellungen, Präsentationen aktueller Strömungen, Nachkriegskunst und insbesondere Deutscher Moderne, kam jetzt ein fantastisches Panorama der deutschen Historie seit 1945.

Die Bonner Museumsmeile schlug beim Publikum ein, die Tendenz der Besucher weist seit Jahren nach oben. So verfolgten im Jahre 2002 rund 161 000 Menschen das Programm des Kunstmuseums, das die Balance zwischen weniger bekannten Künstlern sowie eher spröden Inhalten und populären Klassiker-Ausstellungen sucht. 2002 war die spektakuläre Schau "August Macke und die frühe Moderne in Europa" mit 85 000 Besuchern die Nummer eins des städtischen Kunstmuseums, das sich damit unter seinesgleichen bundesweit blicken lassen kann.

Nationaler Museumsprimus aber ist seit Jahren die Bundeskunsthalle, die mitunter vier Ausstellungen parallel, Musik-, Theateraufführungen, Events, Tagungen aller Art präsentieren kann. Die Mischung aus publikumsträchtigen Blockbustern - hauptsächlich antiker oder ethnologischer Thematik -, Einzelpräsentationen berühmter Künstler, Porträts großer internationaler Sammlungen und Museen, aber auch Nachwuchsarbeit wie bei "Kunststudenten stellen aus" hat sich im Laufe der Jahre bewährt.

1,28 Millionen Besucher kamen etwa 2002, Spitzenreiter war die Ausstellung "Troja - Traum und Wirklichkeit" mit über 330 000 Antikenfreunden.

Traumquoten hat seit Jahren ebenfalls das Haus der Geschichte, das neben seiner detailfreudig und spannend inszenierten Dauerausstellung zur Nachkriegsgeschichte Deutschlands in der Regel sehr gut gemachte Sonderausstellungen präsentiert. Eher bunte Themen wie "Prominente in der Werbung" oder "Lili Marleen", Kultur- oder Gesellschaftsgeschichtliches wie die Schau über den Sonntag, "Am siebten Tag", und Zeithistorie wie die beachtliche Ausstellung über Spionage in Ost und West haben hier ihren Platz.

Rund 900 000 Besucher zählte die einst von Bundeskanzler Helmut Kohl initiierte Institution im Jahr 2002, allein 325 000 Menschen sahen die Wechselausstellungen (Spitzenreiter: "Am siebten Tag" mit 110 000 Besuchern).

Die jüngste Attraktion der Meile kampiert seit 1996 im Sommer zwischen den Museen. 40 mal 45 Meter ist das riesige Zelt für das Open-Air-Programm groß. Nach verhaltenen Anfängen hat sich das Angebot auf dem Museumsplatz zu einem wahren Renner entwickelt. 2002 war die bislang stärkste Saison zwischen den Museen: Mehr als 178 000 Menschen kamen zu den Konzerten, Traumquoten erreichten Joe Cocker mit mehr als 9 600 Fans, tausend weniger kamen zum Auftritt von Supertramp.

Immerhin 4 500 Cineasten fanden sich zu den beliebten Filmnächten ein. Die Saison 2003 ist nicht ganz so stark, kann sich aber sehen lassen.

Die Museumsmeile ist eine Zukunftsmeile. So viele Fans können nicht irren. Und solange die Stadt Bonn trotz schwerer Zeiten zu ihrem Kunstmuseum steht, der Bund und die Länder den hohen Einsatz von Haus der Geschichte und Bundeskunsthalle weiterhin honorieren und unterstützen, letztere dem Werben Berlins widerstehen kann (und will), wird die Erfolgsgeschichte der Bonner Museumsmeile weitergehen.

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