Sind die EU-Länder allein auf Abschottung ausgerichtet?

Zum Bericht "300 Todesopfer in einer Woche" über die Flüchtlingsbewegungen an den EU-Außengrenzen

Fast täglich sterben Flüchtlinge und Migranten an den Außengrenzen der Europäischen Union, aber auch in Abschiebelagern oder in Haft mitten in Europa. Mehr als 27 000 waren es in den vergangenen 20 Jahren. Zum Vergleich: 872 Menschen starben an der innerdeutschen Grenze in knapp 30 Jahren (1961-89). Die deutsch-deutschen Flüchtlinge wurden im Westen als dem sozialistischen Regime entkommene Helden gefeiert. Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, aus Afrika oder auch Roma aus den Balkanstaaten werden heute (auch von den Medien) überwiegend als "Massenproblem" betrachtet.

Die Erstaufnahmeländer wie Italien und Griechenland, das Asylsystem in Deutschland und die einzelnen Kommunen wie Bonn seien mit dem "Flüchtlingsstrom" überfordert und überlastet. Herr Drewes fordert daher neben mehr Hilfe für die legitimen Flüchtlinge (aber nur für die und nicht für illegale Einwanderer, sprich "Armutsmigranten" und "Sozialschmarotzer") auch mehr Solidarität mit den "betroffenen" Ländern in Europa und Kommunen in Deutschland. Mehr Solidarität heißt mehr Geld.

Und wie das zur Verfügung stehende Geld ausgegeben wird, beruht auf politischen Entscheidungen. Im EU-Rahmenprogramm für "Solidarität und die Steuerung der Migrationsströme" wurden in den vergangenen Jahren (2007-2013) lediglich 17 Prozent für Flüchtlinge ausgegeben, aber 16 Prozent für Abschiebungen und fast die Hälfte (46 Prozent) für die Sicherung der EU-Außengrenzen. Diese Gelder werden eingesetzt, um Flucht und Migration nach Europa durch höhere Grenzzäune, technologische Überwachungssysteme und Frontex-Truppen zu verhindern.

Da es keinen legalen Zugang nach Europa für Schutzsuchende und für die vor prekären Lebensumständen fliehenden Menschen gibt, müssen sie Schlepper bezahlen und ihr Leben riskieren. Der Tod an den EU-Außengrenzen ist kein Zufall und auch keine Tragödie, sondern eine direkte Folge einer an Abschottung interessierten und nicht an grundlegenden Menschenrechten ausgerichteten Asyl- und Migrationspolitik.

Dr. Benjamin Etzold, Bonn

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