Sein Chef unterschlug die Rentenbeiträge

Der Witwer Rüdiger G. würde gerne mal wieder ins Fußballstadion gehen

Bonn. (gts) Eine lange Wäscheschnur mit einer alten Plastiktüte daran - und fertig ist der behelfsmäßige Flaschenzug. "Anders weiß ich mir mit meinen Einkäufen nicht zu helfen", sagt Rüdiger G. und zuckt mit den Schultern.

Von seiner Wohnung im dritten Stock eines Altbaus schaut er durchs Treppenhaus hinab. Schwere Sachen schleppen, das kann der 76-Jährige wegen seiner Gehbehinderung nicht mehr. Und einen Aufzug gibt es nicht.

"Darum verlasse ich meine Wohnung nur noch selten", sagt G. Eine Wohnung, in der ihm kaum etwas gehört. Die Bleibe unterm Dach war vor seinem Einzug möbliert, fast alles gehört seiner Vermieterin. "Ich muss mit den Sachen pfleglich umgehen, denn sie zu ersetzen, das könnte ich mir nicht leisten."

Viel Geld habe er nie gehabt, sagt Rüdiger G. Doch solange er arbeiten ging, lief alles prima, wie er betont. Doch dann, im Jahr 2000, machte ihm eine schlimme Diagnose einen Strich durch die Rechnung: Lymphdrüsenkrebs.

"Ich habe als Autoschlosser gearbeitet und auch mal eine Kneipe betrieben", erzählt er. Doch die meiste Zeit sei er Taxifahrer gewesen. Der Job, der sein Arbeitsleben geprägt hat, trieb ihn nach seiner schweren Krankheit in die Armut. Heute weiß Rüdiger G., dass er damals naiv war: "Mein ehemaliger Arbeitgeber hat für seine Angestellten nicht in die Rentenkasse einbezahlt, und das über zehn Jahre lang", berichtet er. Auch mit Hilfe der Deutschen Rentenversicherung sei der Mann nicht mehr aufzutreiben gewesen, habe sich ins Ausland abgesetzt.

"Zum Glück braucht man als einzelner Mensch nicht viel zum Überleben", so der bescheidene Senior, der sich vor allem von Dosensuppe ernährt. Seine Ehefrau ist schon vor vielen Jahren gestorben. Seine beiden Töchter, die mit ihren Familien ganz in der Nähe leben, helfen ihrem Vater regelmäßig im Haushalt. "Es ist so lieb von den zweien, dass sie mir beim Putzen unter die Arme greifen", betont er. Doch finanziell sehe es bei den beiden auch nicht immer rosig aus. "Die müssen schon selbst schauen, dass sie über die Runden kommen. Die haben ihr eigenes Leben zu meistern." Schlimm genug, dass er seinen Enkeln nichts zu Weihnachten schenken könne.

Gerne würde Rüdiger G. einmal wieder ein Konzert oder ein Fußballspiel im Stadion besuchen. Doch das ist beim besten Willen nicht drin. "Ich treffe mich mit ein paar Freunden ab und zu zum Kartenspielen", erzählt er. Dass dabei keiner der Freunde den Vorschlag mache, um Geld zu spielen, sei sein großes Glück. "Dann könnte ich nicht mehr mitmachen."

Ein kleines Glück ist auch für ihn, dass er der Aktion "Weihnachtslicht" bekannt ist. Denn die Mitarbeiterin wird ihn bald wieder besuchen und ihm dann einen Frühstückskorb und einen Geldbetrag mitbringen, mit dem es ihm auch möglich ist, einmal wieder ins Fußballstadion zu gehen.

Denn neben der großen Not, die das "Weihnachtslicht" lindern möchte, soll auch noch ein kleines Extra drin sein - es ist doch bald Weihnachten.

4 713 Euro stehen unter der heutigen Liste - mit ihren Einzahlungen und Überweisungen haben viele Menschen gezeigt, dass ihnen die Not ihrer älteren Nachbarn am Rande des Existenzminimums nicht gleichgültig ist. Dafür ist das "Weihnachtslicht" sehr dankbar.

Und damit das Spenden noch leichter wird, liegt der Ausgabe des General-Anzeigers auch wieder der Überweisungsträger bei.

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