Fragen und Antworten Schwieriger Deal: Trumps "America First" versus "Freihandel"

Berlin · Wenn Kanzlerin Angela Merkel an diesem Dienstag erstmals US-Präsident Donald Trump trifft, wird sie für fairen Welthandel werben. Doch für Washington ist die deutsche Exportstärke ein "sehr ernstes" Problem.

 Container im Hamburger Hafen: Der hohe deutsche Überschuss im Handel mit den USA ist Washington ein Dorn im Auge.

Container im Hamburger Hafen: Der hohe deutsche Überschuss im Handel mit den USA ist Washington ein Dorn im Auge.

Foto: Christian Charisius

Zwischen der weltgrößten Wirtschaftsmacht und Exportweltmeister Deutschland bahnt sich ein schwerer Konflikt an. Der hohe deutsche Überschuss im Handel mit den USA ist Washington zwar schon länger ein Dorn im Auge.

Aber mit Donald Trump ("America first") hat erstmals ein US-Präsident angedroht, mit Protektionismus und Strafzöllen dagegen vorzugehen.

Was ist Auslöser des Handelsstreits?

Im Jahr 2016 exportierte die deutsche Wirtschaft so viel wie noch nie. Sie verkaufte Waren im Wert von mehr als 1,2 Billionen Euro ins Ausland. Zwar stieg auch der Wert der Importe, er blieb aber klar unter dem der Exporte. Wenn ein Land deutlich mehr Waren ins Ausland verkauft als es dort einkauft, entsteht ein Export- oder Handelsbilanzüberschuss. Washington hat daher nicht nur den Nachbarn Mexiko, sondern auch Länder wie Deutschland und China schon länger im Visier. Berlin und Peking wird vorgeworfen, sich unzulässige Vorteile zu verschaffen. Ein starkes Exportplus wird auch von einer schwachen Währung begünstigt, weil die ins Ausland verkauften Produkte dann billiger werden.

Wie hat sich der deutsch-amerikanische Handel zuletzt entwickelt?

Die USA waren 2016 der größte Absatzmarkt für Produkte "Made in Germany". Waren im Wert von 107 Milliarden Euro gingen in die größte Volkswirtschaft. Deutsche Exporte in die USA übertrafen die Importe von dort um 49 Milliarden Euro. Nur im Handel mit Großbritannien ist der deutsche Überschuss größer (50,4 Mrd Euro). Insgesamt hat sich das Handelsdefizit der USA weltweit zuletzt so stark erhöht wie seit fast fünf Jahren nicht. Im Januar betrug es 48,5 Milliarden Euro.

Was sind die Argumente von Trump & Co Richtung Berlin?

Die neue US-Regierung wirft Deutschland vor, sich auf Kosten der USA und auch seiner Euro-Partner mit Hilfe eines unterbewerteten Euro unfaire Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Also der Euro-Kurs werde quasi manipuliert. Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro meinte jüngst, der Euro sei so etwas wie eine "implizite Deutsche Mark", dessen niedriger Wert Deutschland begünstige.

Und wie will Washington dagegen vorgehen?

Trump hat bereits generell Importzölle auf Waren ausländischer Unternehmen angedroht. Europäer könnten dann bis zu 20 Prozent Einfuhrsteuer auf ihre Produkte an der US-Grenze zahlen. Und Trump strebt "Deals" an. Navarro will mit Deutschland sprechen - außerhalb "der Grenzen und Beschränkungen, die die Deutschen für sich geltend machen". Gemeint sind bilaterale Lösungen außerhalb von EU und Euro-Zone. Das passt zu Äußerungen von Trumps Chefberater Steve Bannon, der gesagt haben soll, dass die Trump-Regierung bilaterale Beziehungen zu einzelnen europäischen Ländern stärken wolle - statt sich mit dem Block zu befassen.

Was hält die Bundesregierung von einer bilateralen Lösung?

Nichts. Denn seit Gründung der europäischen Wirtschaftgemeinschaft 1957 gebe es eine exklusive handelspolitische Zuständigkeit - zunächst der Europäischen Gemeinschaft und dann der Europäischen Union, argumentiert Berlin. Die EU-Kommission führe für Europa und Deutschland Verhandlungen und schließe Handelsverträge ab. Daran werde nicht gerüttelt. Und für die Geld- und Währungspolitik in der Euro-Zone sei die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig.

Was hält Berlin dem Vorwurf der Manipulation entgegen?

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zufolge kann niemand behaupten, dass Deutschland seine Überschüsse durch irgendwelche Manipulationen erziele. Die beruhten auf der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die relative Stärke Deutschlands sei auch für die Stabilität der europäischen Wirtschaft insgesamt entscheidend. Deutschland betreibe "keine verzerrende Handelspolitik, die Exporte der USA oder eines anderen Landes diskriminiert", heißt es in einem internen Papier aus dem Haus Schäubles. Löhne würden ohne staatliche Einmischung verhandelt, es gebe keine besondere Staatshilfe für Exportbranchen. Und Deutschland könne auch den Euro-Kurs nicht beeinflussen. Der schwache Euro - auch Folge der ultralockeren Geldpolitik der EZB - treibe Ausfuhren natürlich zusätzlich nach oben: "Ein stärkerer Euro würde folglich den Handelsbilanzüberschuss nach unten drücken."

Sind Deutschland also gänzlich die Hände gebunden?

Nein. Die Nachfrage nach Produkten und Leistungen in Deutschland kann gestärkt werden, was Importe ankurbelt. Berlin sieht hier keine Versäumnisse: Öffentliche Ausgaben nähmen zu, Löhne stiegen schneller als in den meisten anderen Euro-Ländern, Steuern würden gesenkt. Letztlich sei nicht die deutsche Handelsbilanz entscheidend, sondern die der Euro-Zone. Schließlich kümmere sich ja auch niemand um die Handelsbilanz Kaliforniens mit China.

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