Fit in den Frühling Sanfte Fitness für Menschen im hohen Alter

BORNHEIM-HERSEL · Fit in den Frühling mit dem GA: Im Seniorenhaus St. Angela in Bornheim-Hersel spielt Fitnesstraining eine besondere Rolle. Dort betreuen Schwester Lucia und Renate Bures eine Gruppe von zwölf Seniorinnen und Senioren im Alter von 80 bis mehr als 90 Jahren.

 "Fit für 100" in Bornheim: Schwester Lucia zeigt den Teilnehmern des Fitnesstrainings im Altenheim St. Angela, wie man die Beweglichkeit der Hände und Finger fördert.

"Fit für 100" in Bornheim: Schwester Lucia zeigt den Teilnehmern des Fitnesstrainings im Altenheim St. Angela, wie man die Beweglichkeit der Hände und Finger fördert.

Foto: HENRY

Zweimal in der Woche trifft man sich, um eine Stunde lang unter Anleitung ein speziell für Menschen dieses Alters konzipiertes Fitness-Training zu absolvieren. Eine Übung dabei: Man hält sich an einer Stuhllehne fest, geht in die Kniebeuge und streckt dabei den Po ein wenig nach hinten, als ob man sich setzen wollte. Gesetzt wird sich allerdings nicht, denn es gilt, sich gleich wieder aufzurichten.

Im Oktober 2010 gründete Schwester Lucia die Gruppe, inspiriert vom "Fit für 100"-Projekt des Instituts für Bewegungs- und Sportgerontologie der Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln. "Wir haben uns gefragt, was brauchen beispielsweise 80-Jährige, die ihren Alltag möglichst selbständig gestalten oder ihre Alltagskompetenz erhalten möchten", erklärte Projektleiter Frank Nieder, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der DSHS Köln und Diplom-Sportlehrer.

Alltagskompetenz kann für den einen heißen, selbständig zu wohnen, Treppen zu steigen und einkaufen zu gehen, für den anderen ist es im Altenheim der Weg aus dem Zimmer zum Essen oder in die Gruppe.

In einer einjährigen Erprobungsphase wurde in neun Gruppen ein Programm mit zehn Übungen für die Kräftigung der Arm-, Bein- und Rumpf-Muskulatur, für die Verbesserung von Koordination und Beweglichkeit sowie zur Schulung des Gleichgewichtssinns entwickelt und getestet. Laut Nieder verbesserten sich die Teilnehmer in allen Bereichen signifikant.

Wertvoller Nebeneffekt: Das immer nach dem gleichen Schema ablaufende Programm, das idealerweise mindestens zweimal in der Woche durchgeführt wird, fordert auch geistig. Das liegt zum einen an den sportlichen Anforderungen, zum anderen an der Ansprache und Interaktion in der Gruppe. Nieder: "Der soziale Aspekt ist sehr wichtig."

Gerhard Bonk etwa kann in St. Angela nicht alle Übungen mitmachen, weil er im Rollstuhl sitzt und schwer kriegsbeschädigt ist. Für ihn wird das Programm angepasst. "Ich freue mich jedes Mal auf die Gruppe", sagt der 89-Jährige. Kräftiges Nicken in der Runde bestätigt, dass es allen so geht.

Geübt wird mit Hanteln und Gewichtsmanschetten für die Beine. Die Muskulatur der oberen und unteren Extremitäten wird im Wechsel trainiert, jede Übung wird zehnmal in einem langsamen Tempo wiederholt. So werden im Stehen die Knie vor dem Körper im Wechsel hochgezogen. "Langsam hoch und noch langsamer wieder runter", sagt Schwester Lucia, und die Gruppe stimmt ein.

Dass man zwischendurch immer wieder aufstehen muss, fordert zusätzlich. Anna Gottschalk ist von "Fit für 100" total überzeugt. Sie hatte einen schweren Unfall und war an den Rollstuhl gefesselt. Nun kann sie schon wieder eine gewisse Strecke gehen. "Ohne dieses Training wäre ich noch nicht so weit", erklärt sie.

Auch Schwester Lucia weiß aus jetzt fast zweijähriger Erfahrung, wie wertvoll das Training ist. "Es war schon ungewohnt am Anfang. Wir sind ja keine Sportler", sagt sie. Über drei Tage wurden ihr an der DSHS die wesentlichen Kenntnisse und Inhalte vermittelt.

Inzwischen wird "Fit für 100" in rund 140 Gruppen in Nordrhein-Westfalen angeboten, auch in Sportvereinen.

Informationen sind unter www.ff100.de erhältlich.

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