Streit um Schuldenhöhe Rom bleibt stur - keine Lösung im Haushaltsstreit in Sicht

Rom/Brüssel · Alle Warnungen scheinen im Nichts zu verhallen. Italien will im Haushaltsstreit mit Brüssel nicht nachgeben. In Europa attestiert man den Populisten in Rom "Arroganz" und Trotzverhalten.

 Italiens stellvertretender Ministerpräsident Luigi Di Maio Anfang Oktober während einer Anhörung im Senat in Rom.

Italiens stellvertretender Ministerpräsident Luigi Di Maio Anfang Oktober während einer Anhörung im Senat in Rom.

Foto: Maurizio Brambatti/ANSA

Italien schaltet im Haushaltsstreit auf stur und provoziert eine weitere Eskalation mit der EU. Am Dienstag gab es zunächst keinerlei Signale, dass die populistische Regierung im Konflikt um die hohe Neuverschuldung einlenkt.

Unterdessen kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nationale Alleingänge bei der Aufnahme von Schulden. Sie sagte aber nicht, auf welches Land sie sich bezog.

Die Kommission hatte den Budgetentwurf aus Rom in einem historisch einmaligen Schritt vor drei Wochen abgelehnt und eine Überarbeitung gefordert. Die Frist für eine Antwort an Brüssel läuft um Mitternacht aus. Bevor die Antwort veröffentlicht werden kann, wurde für den Abend ein Ministerrat angesetzt, wie ein Regierungssprecher bestätigte.

Die Koalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega muss Brüssel ihre Schuldenpläne erneut vorlegen. An den Grundpfeilern des Entwurfs will sie allerdings nichts ändern. "Der einzige Weg, die europäischen Regeln einzuhalten, wäre ein selbstmörderischer Haushalt, der uns in die Rezession führen würde", hatte Vize-Premierminister Luigi Di Maio am Montag gesagt.

Italien peilt im kommenden Jahr eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Da die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone aber schon jetzt haushoch verschuldet ist, stemmt sich die EU dagegen. Sie sieht in dem Entwurf einen beispiellosen Verstoß gegen die Euro-Stabilitätsregeln. Diese verpflichten Italien, wegen seiner hohen Schuldenquote seine Gesamtverschuldung in den Griff zu bekommen. Die Koalition will aber teure Wahlversprechen finanzieren - beispielsweise eine Grundsicherung nach dem Vorbild von Hartz IV und ein früheres Renteneintrittsalter.

"Wer darauf setzt, Probleme alleine durch neue Schulden zu lösen und eingegangene Verpflichtungen missachtet, der stellt die Grundlagen für die Stärke und die Stabilität des Euroraumes in Frage", sagte Merkel in einer Rede zur Zukunft Europas im EU-Parlament in Straßburg. "Denn unsere gemeinsame Währung kann nur funktionieren, wenn jedes einzelne Mitglied seine Verantwortung für tragfähige Finanzen auch zu Hause erfüllt."

Bundesfinanzminister Olaf Scholz erinnerte Italien explizit an seine Verantwortung. Die Wirklichkeit könne sich niemand "wegreden", sagte der SPD-Politiker beim "Wirtschaftsgipfel" der "Süddeutschen Zeitung" in Berlin mit Blick auf die hohe Staatsverschuldung des Landes. Er sei sich sicher, dass die Regierung in Rom wisse, dass die Haushaltsspielräume nicht besonders groß seien.

Der gesunde Menschenverstand müsse stärker sein als irgendwelche Launen, warnte der Präsident des Europaparlaments, Antonio Tajani. Die "Arroganz" führe dazu, dass eine Haltung verteidigt werde, die "wirtschaftlich unhaltbar" sei. Rom riskiere "enorme Schäden für die Italiener in den kommenden Jahren", sagte der Italiener weiter.

Wenn das Land entgegen der Aufforderung Brüssels bei seinen Plänen bleibt, könnte die EU-Kommission bald ein offizielles Defizitverfahren einleiten. Dabei könnten die EU-Partner Italien mehr Haushaltsdisziplin verordnen. Verstößt Rom auch gegen diese Vorgaben, dürften die Finanzminister theoretisch finanzielle Sanktionen verhängen. Kommt es soweit, könnten die Europa-Skeptiker in der Regierung die Stimmung gegen die EU weiter anheizen.

Gestritten wird auch um die Schätzungen zum Wirtschaftswachstum. Die Prognose der italienischen Regierung war von der EU als zu optimistisch eingeschätzt worden. Finanzminister Giovanni Tria dementierte am Dienstag Medienberichte, wonach man die Prognose in dem Haushaltsentwurf nach unten korrigieren werde. "Die Wachstumsrate wird nicht verhandelt", erklärte Tria.

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