Fragen und Antworten Rechtsextreme in der Polizei?

Wiesbaden · Ein Drohbrief an eine türkischstämmige Anwältin hat eine mutmaßliche rechtsextreme Chatgruppe in der Frankfurter Polizei aufgedeckt. Inzwischen untersucht das Landeskriminalamt weitere Fälle.

 Frankfurter Polizisten sollen sich beleidigende und fremdenfeindliche Videos und Texte zugeschickt haben.

Frankfurter Polizisten sollen sich beleidigende und fremdenfeindliche Videos und Texte zugeschickt haben.

Foto: Boris Roessler/Symbol

Mögliche rechtsextreme Umtriebe in der hessischen Polizei haben Politik und Öffentlichkeit aufgeschreckt. Die Ermittlungen kamen bereits Anfang August ins Rollen, wie Hessens Innenminister Peter Beuth in Wiesbaden auf einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag bestätigte.

Die Opposition spricht von Skandal, weil der CDU-Politiker das Parlament nicht informiert habe. Was nach der Sitzung im Innenausschuss über die Vorgänge bekannt ist:

Was ist bei der Frankfurter Polizei passiert?

Dort sollen sich fünf Polizisten aus dem 1. Revier, das an der Fußgängerzone Zeil liegt, über einen Messengerdienst beleidigende und fremdenfeindliche Videos und Texte zugeschickt haben. Nach ersten Medienberichten darüber teilte die Staatsanwaltschaft vergangene Woche mit, dass sie wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Die Beamten wurden bereits vor rund zwei Monaten vom Dienst suspendiert. Vor wenigen Tagen wurde ein der Chatgruppe zugerechneter sechster Beamter ebenfalls vom Dienst freigestellt.

Wie kam man der Gruppe auf die Spur?

Ausgangspunkt war laut Behörden am 2. August dieses Jahres die Anzeige einer türkischstämmigen Frankfurter Anwältin. Deren zweijährige Tochter war in einem Fax unter den Absender "NSU 2.0" mit dem Tod bedroht worden. Die Frau hatte im Prozess um Beate Zschäpe und die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Opfer vertreten und hatte mutmaßliche islamistische Gefährder verteidigt. Die Behörden fanden heraus, dass Hintergrundwissen über die Anwältin aus dem polizeilichen Informationssystem eines Computers einer Beamtin des 1. Reviers in Frankfurt abgefragt worden war. Dabei kam man über deren privates Handy auch der WhatsApp-Gruppe auf die Spur. Nach Angaben des Innenministers ist derzeit aber noch unklar, ob es tatsächlich eine Verbindung des Drohbriefs zum Revier gibt.

Wer hat die Ermittlungen übernommen?

Die Anwältin stellte Anzeige beim Landeskriminalamt (LKA), das das Verfahren an die Polizei in Frankfurt abgab. Am 11. September kam es zur Durchsuchung bei der Beamtin im 1. Revier. Am 25. Oktober wurden im Rahmen des Chatgruppen-Verfahrens mehrere Dienststellen der anderen beteiligten Beamten durchsucht. Das Landeskriminalamt (LKA) übernahm die Ermittlungen erst vor wenigen Tagen.

Was kritisiert die Opposition?

Die Landtagsopposition aus SPD, FDP und Linken empört sich, weil Beuth trotz der seit Monaten andauernden Ermittlungen den Innenausschuss nicht informiert hat. Massiv kritisiert wird, dass das LKA erst jetzt mit der Federführung betraut wurde. Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Greilich wies darauf hin, dass bei dienstrechtlichen Ermittlungen gegen Polizisten das LKA zwingend ermitteln muss. Der als zurückhaltend geltende Greilich legte Beuth sogar den Rücktritt nahe.

Was sagt der Innenminister dazu?

Beuth betont, die Behörden hätten unverzüglich und "mit Nachdruck" die Vorgänge in Frankfurt untersucht. Wegen der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der "Verdunklungsgefahr" der Tatverdächtigen seien ihm bei der Information des Landtags die Hände gebunden.

Nach den Worten von Landespolizeipräsident Udo Münch war nach der Anzeige am 2. August gar nicht abzusehen, dass es beim Drohschreiben eine Verbindung zum Polizeicomputer und Beamten im 1. Revier geben könnte. Daher sei zunächst das Frankfurter Polizeipräsidium mit den Ermittlungen beauftragt gewesen. Später habe man aus "Geheimhaltungsgründen" das LKA nicht eingebunden. Man habe das Verfahren nicht gefährden wollen.

Wieso ermittelt inzwischen das LKA doch?

Durch Presseartikel über die Frankfurter Chatgruppe in den vergangenen zwei Wochen gingen bei den Behörden Hinweise auf weitere rechtsextremistische Verdachtsfälle in Hessen ein. Seit dem 14. Dezember hat das LKA nun "den Hut" auf. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe gebildet.

Was gibt es für weitere Fälle?

Einmal geht es Beuth zufolge um zwei Beamte aus den Polizeipräsidien West- und Osthessen, die den "Reichsbürgern" nahestehen sollen. Anfang dieser Woche wurde deren Wohnungen durchsucht und rechtsextremistisches Material sichergestellt - beide wurden vom Dienst befreit.

In einem zweiten Fall sollen Beamte in einem Revier im Polizeipräsidium Südosthessen bereits 2016 in einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe vier Bilder mit rechtsextremem Inhalt ausgetauscht haben. Im dritten Fall wurde vergangene Woche in einer Gaststätte in Offenbach bei einer Schlägerei, bei der es auch ausländerfeindlichen Gesänge gegeben haben soll, ein 21-jähriger Polizeikommissaranwärter festgenommen. Er hat inzwischen freiwillig den Dienst quittiert.

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