Prozess in Koblenz Pensionärin aus Burgbrohl manipuliert Privatrezepte

Koblenz · "Der Fall birgt eine ganze Reihe von Besonderheiten", erklärte Richter Hans-Georg Göttgen zum Verfahren, mit dem sich das Landgericht Koblenz am Freitag hat beschäftigen müssen. Denn eine bis dahin unbescholtene 63-jährige Burgbrohlerin hat von Ende 2005 bis Frühjahr 2009 nicht weniger als 417 Betrugsfälle angehäuft.

Das ist die Zahl der Privatrezepte, die sie - bevor sie sie an ihre private Krankenkasse einreichte - manipuliert hat. Damit hat sie sich eine zusätzliche Einnahmequelle erschlossen, die ihr insgesamt gut 380 000 Euro in die Taschen gespült hat. Wegen Betruges und Urkundenfälschung hat das Landgericht die pensionierte Lehrerin zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Die Angeklagte leidet seit Jahren unter einer schweren rheumatischen Erkrankung. Infolge der Krankheit wurde sie bereits mit 52 Jahren Frühpensionärin. Zusätzlich leidet sie unter Angstzuständen und Depressionen. "Irgendwann ist mir zu Hause die Decke auf den Kopf gefallen", erklärte die 63-Jährige, weshalb sie immer öfter Spielcasinos aufgesucht habe.

"Dort hatte ich keine Schmerzen und Ansprache hatte ich auch", so die Angeklagte. Durch die Spielerei hatten sich schnell Schulden angehäuft, so dass die pensionierte Lehrerin ihre Krankheit nutzte, um an Geld zu kommen. So benötigte sie regelmäßig sehr teure Medikamente, die sie sich anhand von Privatrezepten in der Apotheke besorgte.

Die wiederum quittierte ihr den Kauf derselben mit einem Stempel auf den Rezepten. Bevor sie diese allerdings an die Beihilfestelle der Oberfinanzdirektion beziehungsweise ihrer privaten Krankenkasse einreichte, um sich das Geld erstatten zu lassen, fügte sie nachträglich Medikamente hinzu. Gleiches tat sie für ihren ebenfalls schwerkranken Sohn.

"Es ist der Angeklagten in einer Weise leicht gemacht worden, die einen staunen lässt", stellte der Richter fest. In Anbetracht des gesundheitlichen Zustands, der Persönlichkeit und des Bemühens um Schadenswiedergutmachung falle es dem Gericht nicht schwer, die 63-Jährige als bewährungswürdig einzustufen.

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier hat gegen die Angeklagte ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ihr droht die Aberkennung des Beamtenstatusses. Kurios: Die Frau ist derzeit nicht krankenversichert, so dass sie sich weder ihre Medikamente noch Behandlungen leisten kann. Gegen den 40-jährigen Sohn, der von den Machenschaften seiner Mutter nichts gewusst haben will, läuft derzeit beim Bonner Landgericht ein Verfahren.

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