Paris empört über NSA-Spähverdacht

Paris · Frankreich hat empört auf Berichte über US-Abhöraktionen gegen mehrere französische Präsidenten reagiert. Die amerikanischen Spionage-Praktiken seien inakzeptabel, sagte Premierminister Manuel Valls in der Nationalversammlung.

 Wer hört wessen Telefonate mit? Die Geheimdienstaffäre wird immer verworrener. Foto: John Macdougall/Archiv

Wer hört wessen Telefonate mit? Die Geheimdienstaffäre wird immer verworrener. Foto: John Macdougall/Archiv

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Paris reagierte prompt auf die Enthüllungen: Das Außenministerium bestellte die US-Botschafterin ein, Staatschef François Hollande wollte sich in einem Telefonat bei Präsident Barack Obama beschweren. Die französische Regierung forderte vom Verbündeten USA eine Erklärung.

Nach Informationen der Enthüllungsplattform Wikileaks hat der US-Geheimdienst NSA die letzten drei französischen Präsidenten abgehört. Neben Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und Hollande sei auch die Kommunikation ranghoher Regierungsvertreter überwacht worden. Wikileaks beruft sich auf geheime NSA-Unterlagen aus den Jahren 2006 bis 2012.

Die USA bemühten sich um Schadensbegrenzung. "Wir nehmen die Kommunikation von Präsident Hollande nicht ins Visier und werden sie nicht ins Visier nehmen", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ned Price. Zu früherer NSA-Praxis äußerte er sich aber nicht.

Präsident Hollande rief nach Veröffentlichung der Vorwürfe einen Verteidigungsrat mit mehreren Ministern und Geheimdienstexperten ein. Das Gremium erklärte, Frankreich werde keine Machenschaften dulden, die seine Sicherheit infrage stellen. "Diese Praktiken sind anormal zwischen demokratischen Staaten, die seit langer Zeit Verbündete sind", betonte Valls. Er sagte auch, dass das Ausspähen der französischen Staatsspitze nach den zahlreichen Enthüllungen über die NSA-Spionage wohl niemanden überrasche.

US-Botschafterin Jane Hartley wurde am Abend im französischen Außenministerium erwartet. Dass der Botschafter eines verbündeten Staates einbestellt wird, gilt als ungewöhnlich. Auch Deutschland hatte im Oktober 2013 in der Affäre um das Ausspähen des Handys von Kanzlerin Angela Merkel den amerikanischen Botschafter ins Auswärtige Amt zitiert. Frankreichs schickt nun auch seinen Geheimdienst-Koordinator und den Chef des Auslandsgeheimdienstes zu Gesprächen die USA.

In den von Wikileaks veröffentlichten Dokumenten findet sich unter anderem eine Notiz aus dem Jahr 2012 über ein geplantes Treffen französischer Spitzenpolitiker mit der SPD-Führung in Paris, das die Franzosen aber geheim halten wollten. Dem angeblichen NSA-Bericht zufolge hatte sich der gerade erst ins Amt gekommene Hollande zuvor über ein Treffen mit Merkel in der Vorwoche beschwert. Es sei reine Show gewesen, substanziell sei nichts erreicht worden.

Am späten Nachmittag sollte die französische Nationalversammlung über das umstrittene neue Geheimdienstgesetz des Landes entscheiden. Es setzt die Regeln für Spähaktionen der französischen Dienste. Kritiker befürchten, dass es eine Massenüberwachung im Internet legitimiere - die Regierung weist dies zurück.

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