Kabinett setzt Ausschuss zu Zuwanderung aus Europa ein

Berlin · Die Bundesregierung will bis zum Sommer mit einem eigenen Gremium dem angeblichen Problem der Armutszuwanderung aus Südosteuropa nachgehen. Das Bundeskabinett setzte dazu am Mittwoch einen Staatssekretärs-Ausschuss mit Vertretern fast aller Ministerien ein.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (r, CDU) begrüßt Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz (SPD) zur ersten Kabinettssitzung. Foto: Rainer Jensen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (r, CDU) begrüßt Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz (SPD) zur ersten Kabinettssitzung. Foto: Rainer Jensen

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Die Runde soll bis Juni prüfen, ob und wie die Regierung gegen einen möglichen Missbrauch von Sozialleistungen durch EU-Bürger vorgehen sollte.

Die CSU hatte die Debatte mit Blick auf Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien losgetreten, die seit Jahresbeginn unbeschränkt Arbeit in Deutschland suchen können. Aus der Opposition kam scharfe Kritik an dem Gremium. Linke und Grüne warfen der Regierung vor, sie stelle Rumänen und Bulgaren unter Generalverdacht.

Seit dem 1. Januar gilt für Bürger der beiden Staaten die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Das heißt, sie brauchen keine Arbeitserlaubnis mehr, um sich in Deutschland niederzulassen. Die CSU warnt davor, dass verstärkt gering qualifizierte Migranten kommen, die nach Einschätzung der Partei in Deutschland vor allem Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollen, aber kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Die Partei will ihnen den Zugang zum deutschen Sozialsystem erschweren. Die Opposition hält das für populistisch.

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Regierung begrüße die Freizügigkeit in der EU. Es gebe allerdings Probleme in einigen Kommunen. So hätten sich bereits im November mehr als ein Dutzend Oberbürgermeister größerer Städte an die Regierung gewandt und von Nöten im Zusammenhang mit Zuwanderung berichtet. "Es geht nicht darum, ein Misstrauen gegen Angehörige einzelner Nationen zu schüren", sagte Seibert. "Es geht darum ernst zu nehmen, wenn Kommunen auf Probleme hinweisen."

Bis auf die Ressorts für Verteidigung, Entwicklung und Verkehr sind alle Ministerien in dem Ausschuss vertreten, ebenso die Migrationsbeauftragte der Regierung, Aydan Özoguz (SPD). Seibert kündigte an, die erste Sitzung werde wohl für die kommende Woche anberaumt. Bis Juni solle die Arbeit erledigt sein. Zwischenergebnisse könne es schon vorher geben.

Linke und Grüne rügten die Einsetzung der Runde. Die Regierung schaffe damit einen "Resonanzboden für das rechtspopulistische Getöse der CSU", sagte der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck. Dies öffne der Diffamierung von Zuwanderern aus Bulgarien und Rumänien Tür und Tor. Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke kritisierte, der Ausschuss behandele die falschen Fragen. Die Regierung bestätige mit diesem Schritt den Generalverdacht gegen Rumänen und Bulgaren.

Experten halten es für ungerechtfertigt, pauschal von Armutszuwanderung aus den beiden Ländern zu sprechen. Nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung waren zur Jahresmitte 2013 nur 0,6 Prozent der Hartz-IV-Bezieher Bulgaren und Rumänen. Obwohl die Zuwanderer aus diesen Ländern im Schnitt geringer qualifiziert sind, lag die Arbeitslosenquote für beide Nationalitäten Mitte 2013 unter dem Schnitt der Gesamtbevölkerung und deutlich unter der anderer Migrantengruppen.

Im Schnitt bringen arbeitende Einwanderer dem Staat Geld ein, denn sie zahlen Abgaben. Für die Kommunen problematisch ist die Konzentration vieler Empfänger staatlicher Leistungen in einzelnen Orten. Probleme gibt es etwa in Duisburg, Dortmund oder Berlin, wo der Anteil der Arbeitslosen und Hartz-IV-Bezieher unter Rumänen und Bulgaren besonders hoch ist.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte im RBB-Inforadio, es handele sich nicht um ein flächendeckendes Phänomen in ganz Deutschland, sondern um eine Konzentration von Problemen in einigen westdeutschen Großstädten. Der Deutsche Städtetag forderte vom Bund mehr Hilfe, um damit fertig zu werden.

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