Altersgerechtes Sanieren Heute schon an morgen denken

Elfi M. hat Sorgen. Sie ist 85 Jahre alt und hat einige gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die Hüfte schmerzt, das Knie zwickt, und auch die Schulter ist nicht mehr wirklich belastbar. Beim Besuch des Weihnachtslicht-Mitarbeiters in ihrer kleinen Wohnung in Siegburg wird schnell klar, dass die Seniorin dringend Hilfe braucht.

 Bedarfsgerechte Wohnungen sind für Senioren ein wichtiger Faktor für Wohlbefinden und Sicherheit.

Bedarfsgerechte Wohnungen sind für Senioren ein wichtiger Faktor für Wohlbefinden und Sicherheit.

Foto: dpa

"Ich komme nicht mehr in die Badewanne, und viel schlimmer, ich habe Angst, dass ich nach dem Bad nicht mehr herauskomme", erzählt die 85-Jährige. "Eine barrierefreie Dusche wäre mein größter Wunsch. Doch von meiner kleinen Rente kann ich mir das niemals leisten", seufzt sie.

Wie der Siegburgerin geht es vielen alten Menschen: Seniorengerechte Wohnungen werden dringend gebraucht. Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es rund 77 880 Senioren-Haushalte - in Bonn sind es rund 39 870, im Kreis Ahrweiler etwa 20 190. Das geht aus der aktuellen Untersuchung des Pestel-Instituts in Hannover zum Senioren-Wohnen hervor. Die Stadt Bonn meldet, dass laut Zensus aus dem Jahr 2011 rund 18,3 Prozent der Bonner 65 Jahre und älter sind, 8,7 Prozent sind sogar älter als 75 Jahre. Die Pestel-Studie "Wohnen65plus" hat für Bonn einen Bedarf von 8500 barrierefreien Wohnungen ermittelt.

"Doch der Wohnungsmarkt ist darauf nicht vorbereitet. Noch immer ist nur ein geringer Teil der Wohnungen überhaupt seniorengerecht", sagt Nils Reinarz von der Projektstelle Innovative Wohnformen beim Amt für Soziales und Wohnen der Stadt Bonn. "Es gibt einen enormen Nachholbedarf beim altersgerechten Bauen und Sanieren", so Reinartz.

Die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit gehe indes in Deutschland immer weiter auseinander. Die Stadt Bonn habe nun reagiert und die Projektstelle "Bedarfsgerechtes Wohnen" geschaffen. Denn besonders Menschen mit Behinderung sowie Seniorinnen und Senioren könnten oft nicht zeitnah mit einer bedarfsgerechten Wohnung versorgt werden.

Hier hilft die Projektstelle mit folgenden Angeboten: Akquise von frei finanziertem Wohnraum im Bonner Stadtgebiet; Ermittlung von barrierefreiem und barrierearmen Wohnraum im Bonner Stadtgebiet; Bestandsaufnahme des Bedarfs an barrierefreiem Wohnraum im Bonner Stadtgebiet; Kontaktstelle für Vermieter, die auf der Suche nach geeigneten Mietern für barrierefreien Wohnraum sind.

"Ziel ist, den Senioren solange es geht zu ermöglichen, in der vertrauten Wohnung bleiben zu können. Dafür muss Sicherheit geschaffen werden durch barrierefreien Umbau", sagt Daniel Lenartowski vom Haus der Bonner Altenhilfe. "Wir möchten damit dem unfreiwilligen Rückzug der Senioren entgegenwirken", erklärt Lenartowski.

Denn dieser ergebe sich oft aus einer Art Dominoeffekt: Rund 60 bis 70 Prozent der Badezimmer müssten mit ebenerdigen Duschen umgebaut werden. Denn wer sich nicht wunschgemäß waschen könne, fühle sich unwohl und verlasse die Wohnung nicht mehr. Zusätzlich bürgen nicht altersgerechte Wohnungen eine große Sturz- und Verletzungsgefahr. "Dann lässt sich ein eigentlich vorzeitiger Umzug ins Alten- oder Pflegeheim nicht mehr verhindern", so Lenartowski. Eine aktuelle Untersuchung im Auftrag des Bundesbauministeriums hat ergeben, dass rund 15 Prozent der Pflegebedürftigen der Gang ins Heim erspart bleiben könnte, wenn bei ihnen zu Hause die ambulante Pflege in einer altersgerechten Wohnung möglich wäre.

Altersgerechtes Bauen und Sanieren seien keine Sache des Alters. "Auch junge Menschen können schon früh für das Alter vorsorgen. Und jungen Familien kommt eine barrierearme Wohnung spätestens dann entgegen, wenn sie Kinderwagen oder Bobbycar über eine Rampe ins Haus transportieren können", sagt Lenartowski. Eine Beratung lohne sich somit in jedem Alter.

So kann es von der staatlichen KfW Förderbank Unterstützung geben für Abstellplätze für Kinderwagen oder Rollatoren, Aufzüge und Rampen bis hin zu Umbauten im Bad, auf dem Balkon oder zur Optimierung der Beleuchtung.

Die Projektstelle "Bedarfsgerechtes Wohnen", Ansprechpartnerin ist Diplom-Sozialarbeiterin Edith Rosenbaum, ist zu erreichen unter Tel. 0228/772900 oder per E-Mail an bedarfsgerechteswohnen@bonn.de. Die Beratung ist kostenfrei.

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