Geschmack, Bedenken und ein Kunstwerk

Zur Diskussion um das Kunstwerk "Mean Average" von Tony Cragg

 Der Bildhauer Tony Cragg.

Der Bildhauer Tony Cragg.

Foto: dpa

Provinz, Bedenkenträger - wie immer in solchen Situationen werden wir normalen Bonner Bürger so abgestempelt. Zeugt es von Weltläufigkeit, wenn man kritiklos jedes "Geschenk" ohne Wenn und Aber annimmt? Ist es provinziell, wenn man an dem letzten Relikt des einstmals stimmungsvollen alten Blumenmarktes - der Pferdetränke - hängt, weil viele schöne Erinnerungen damit verbunden sind? Dann noch die Drohung: Wenn man einen anderen Standort möchte, zieht der großzügige Spender sein Angebot zurück!

Inwiefern ist es nachvollziehbar, dass für Herrn Blömer kein anderer Standort in Frage kommt? Na klar, er will sich selbst ein Denkmal setzen und es auch immerzu vor Augen haben. Und wieso für Tony Cragg kein anderer Standort in Frage kommt, erklärt sich dadurch, dass Herr Blömer es so will und es sonst nicht zu dem Deal kommt. Darüber hinaus glaube ich kaum, dass irgendjemand den Remigiusplatz zum "Platz der Bonner Plätze" erhoben hat! Nein, es wäre in der Tat an der Zeit, diesem städtebaulichen Hinterhof mal ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Immer wieder sind Vorschläge gemacht worden, um die desolate Situation zumindest zu verbessern. Nichts ist geschehen.

Und jetzt soll eine völlig überdimensionierte Skulptur (5,50 Meter plus Sockel!) den Platz "aufwerten"? Egal wie das Kunstwerk aussieht und ob es einer Mehrheit gefällt - über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten - ein so großes Teil würde den Platz nicht nur dominieren, sondern erschlagen! Wer will und wer braucht das?

Sicher nicht der Bonner Bürger.Wenn der Sponsor, Herr Jörg Blömer, aber eine entsprechende Summe in die Neugestaltung des Platzes (zum Beispiel zunächst durch die Ausschreibung eines Wettbewerbs für die Studenten der Alanus-Hochschule) investieren würde, würde er sich hingegen sehr um das Wohl der Stadt und seiner Bürger verdient machen und sich so auf Dauer, und nicht nur für zehn Jahre, ein "Denkmal" schaffen, auf das er stolz sein könnte.

Gabriele Wrede, Bonn

Es ist absolut unverständlich, dass ein wohlhabender und kunstsinniger Bürger, der seiner Stadt ein Kunstwerk zur kulturellen Erbauung der Bevölkerung zur Verfügung stellen möchte, mit so viel Ablehnung konfrontiert wird. Hat er doch in Vergangenheit bereits sein hoch entwickeltes Kunstverständnis bewiesen, indem er sein reizendes magentafarbenes Geschäftshaus an Markt und Remigiusplatz der Stadt Bonn präsentierte.

Vielleicht wird die Skulptur "Mean Average" (frei übersetzt: mittelmäßiger Durchschnitt) des zeitgenössischen britischen Bildhauers Tony Cragg in ca. 200 Jahren als Weltkulturerbe benannt, und die Stadt Bonn ist abermals die Blamierte; ist es doch auch gerade mal etwas über 200 Jahre her, als Bonn es zuließ, dass sich das junge, aufstrebende Genie Ludwig van B. als Gastarbeiter in Wien verdingen musste... In der Zwischenzeit haben die lokalen Nachwuchskünstler sicher Gelegenheit, dieses vielschichtige und (zugegebenermaßen) etwas eintönige Werk mit ihren Spraydosen zu verschönern.

Manfred Brodt, Bonn

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