Online-Shopping „Filialisten wollen nicht nur Filialisten“

Bonn · Adalbert von der Osten, Vorsitzender des Bonner Einzelhandelsverbands, über die Auswirkungen des Online-Shoppings.

 Online-Anteile der Umsätze in Prozent je Warengruppe.

Online-Anteile der Umsätze in Prozent je Warengruppe.

Foto: General-Anzeiger

In Bonn gibt es laut Stadtverwaltung rund 1900 Einzelhandelsbetriebe, die ihre Ware auf einer Verkaufsfläche von fast 443 000 Quadratmetern anbieten. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg gibt in ihrem Branchenreport Einzelhandel 2015 an, dass die Stadt Bonn über ihre Grenzen hinaus eine Sogwirkung auf umliegende Gemeinden hat. Trotzdem setzen Online-Shopping, Outlet-Center und Discountermarken dem Bonner Einzelhandel zu. Im Jahr 2014 wurde nach Berechnungen des Marktforschungsinstituts GfK 8,5 Prozent des deutschen Einzelhandelsumsatzes über das Internet erwirtschaftet.

Vor allem Kleidung, Schuhe, Sportartikel und Elektronik kaufen Verbraucher laut GfK gerne im Netz (siehe Grafik). Das Statistische Bundesamt teilt auf Grundlage einer Umfrage mit, dass 40 Prozent der Konsumenten lieber online als im stationären Einzelhandel einkaufen. Adalbert von der Osten, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Bonn Rhein-Sieg Euskirchen, beobachtet diese Entwicklungen und weiß, wie sie den Standort Bonn betreffen.

Herr von der Osten, was kann die Bonner Innenstadt ihren Besuchern bieten, was andere Städte nicht können?

Adalbert von der Osten: Bonn bietet eine der größten Fußgängerzonen und eine in sich geschlossene Einkaufsmeile mit wirklich guter Aufenthaltsqualität. Ein harmonisches Stadtbild, zahlreiche Kulturdenkmäler und ein vielfältiges Einkaufs- und Gastronomieangebot machen Bonn für Besucher besonders attraktiv.

Viele Geschäfte sind Filialen großer Handelsunternehmen wie Depot, Douglas oder H&M. Gerade Einzelhändler, deren Betriebe schon seit Jahrzehnten in Familienhand sind, fühlen sich von deren Marktmacht bedroht.

Von der Osten: Es ist damit zu rechnen, dass der Filialisierungsgrad noch weiter steigt. Aber auch Filialisten wollen nicht nur neben anderen Filialisten ihr Geschäft haben. Denn das würde dem Einzelhandelsangebot die unverwechselbare Identität nehmen. Besser wäre es, wenn es weiterhin einen gesunden Mix mit inhabergeführten Geschäften gibt, die die allseits bekannten Handelsmarken gut ergänzen.

Neben Filialisten bedrohen auch Outlet-Shopping-Center in Montabaur, Bad Münstereifel oder im benachbarten Ausland den Einzelhandel in Bonn.

Von der Osten: Das sind sicherlich Angebote, die Bonn Konkurrenz machen. Aber Verbraucher müssen auch bedenken, dass sie für solch einen Ausflug mehr Zeit, höheren Kraftstoffverbrauch und eine stärkere Umweltbelastung gegenrechnen müssen. Und was ist, wenn etwas umgetauscht werden muss?

Was versprechen Sie sich davon, wenn der irische Textil-Discounter Primark 2019 seine Ladentüren in Bonn öffnen könnte?

Von der Osten: Wenn solch eine Modekette in Bonn vertreten ist, kann sie wie ein Magnet auf junge Leute wirken. Gerade die junge Generation muss in die Innenstadt gelockt werden, denn sie wächst im Smartphone-Zeitalter mit einem anderen Einkaufsverhalten auf. Online-Shopping ist für sie viel normaler als für ältere Bürger.

Auch Studien zeigen: Die Altersgruppe der unter 30-Jährigen gibt der GfK zufolge mit einem Anteil von fast 18 Prozent am meisten Geld online aus. Dennoch kann Primark doch nicht die einzige Möglichkeit sein, um die Innenstadt für junge Menschen attraktiver zu machen.

Von der Osten: Das stimmt. Wir arbeiten momentan daran, frei zugängliches WLAN in der Innenstadt zu installieren. Außerdem überlegen wir, wie wir die Bonner Geschäfte auf einer Online-Handelsplattform zusammenbringen können. Dort könnten die Händler ihre Ware anbieten – online, aber trotzdem regional.

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