EU stoppt Waffenexporte - Ex-Präsident Mubarak kommt frei

Kairo/Brüssel · Die EU-Staaten liefern bis auf weiteres keine Waffen und keine Güter mehr nach Ägypten, mit denen dort Proteste niedergeschlagen werden können.

Das beschlossen die Außenminister der Europäischen Union bei einer Sondersitzung am Mittwoch in Brüssel. In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten sie die Gewalt in Ägypten. Indessen kann der frühere ägyptische Präsident Husni Mubarak schneller als erwartet das Gefängnis verlassen. Er soll aber unter Hausarrest gestellt werden. Für die Revolutionsaktivisten von einst und für die Muslimbrüder ist das wie ein Schlag ins Gesicht.

Die gemeinsame Haltung der EU sei "ein sehr klares und entschlossenes Signal nach Ägypten für ein Ende der Gewalt", sagte Außenminister Guido Westerwelle. Alle Exportlizenzen für Waffen und andere militärischen Güter sollen daraufhin überprüft werden, ob sie mit dem EU-Verhaltenskodex für Waffenexporte vereinbar sind. Dies kommt praktisch einem Ausfuhrverbot für Waffen gleich.

Der Verhaltenskodex verbietet Waffenlieferungen, wenn "eine eindeutige Gefahr besteht, dass diese für innere Unterdrückung genutzt werden könnten". Das gilt auch, wenn es im Empfängerland ernste Verletzungen der Menschenrechte gibt. Waffen dürfen ferner nicht geliefert werden, wenn diese bewaffnete Konflikte "auslösen oder verlängern" könnten.

Güter, die für die Unterdrückung von Bürgern benutzt werden können, fallen nicht notwendigerweise unter den Verhaltenskodex für Waffenlieferungen. Auch sie dürfen nun nicht mehr ausgeführt werden. Im Beschluss der Minister werden keine Beispiele genannt - es könnte sich aber etwa um Schlagstöcke oder Wasserwerfer handeln. Eine Reihe von EU-Staaten hatte schon bisher die Ausfuhren von Waffen und anderen gefährlichen Gütern nach Ägypten ausgesetzt.

Die Entscheidung über den umstrittenen Export deutscher U-Boote nach Ägypten fällt voraussichtlich erst in einigen Jahren. "Derzeit besteht wegen des noch mehrere Jahre andauernden Herstellungsprozesses dazu kein Entscheidungsbedarf", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium auf dpa-Anfrage.

Im Fall Mubarak erläuterte ein Justizbeamter nach dem Richterspruch, der 85-Jährige könne für die weitere Dauer der gegen ihn laufenden Prozesse zu Hause wohnen. Wie das Staatsfernsehen unter Berufung auf die Führung des Landes berichtete, wird Mubarak unter Hausarrest gestellt. Grundlage für den Beschluss sei der geltende Ausnahmezustand. In einigen staatlichen Medien hatte es zunächst geheißen, von einem Hausarrest werde abgesehen. Es war zunächst unklar, ob die Staatsanwaltschaft noch Einspruch gegen die Haftverschonung einlegen kann.

Mubaraks Anwalt Farid al-Dib sagte dem Fernsehsender Al-Hayat, sein Mandant werde nicht mehr am Mittwoch, aber vielleicht schon am Donnerstag das Gefängnis verlassen können. Im Tora-Gefängnis bei Kairo würden die Entlassungspapiere vorbereitet, hieß es. Beobachter erwarten, dass es in Kairo wegen seiner Freilassung zu neuen Protesten kommen wird.

Der Langzeitherrscher Mubarak war im Februar 2011 nach tagelangen Massenprotesten von der Militärführung zum Rücktritt gezwungen worden. Zuletzt wurden ihm in zwei Verfahren Korruption und in einem weiteren Prozess die Tötung von mehr als 800 Demonstranten vorgeworfen. Dieses Hauptverfahren wird am Sonntag fortgesetzt - die maximale Dauer der Untersuchungshaft dafür ist aber bereits abgelaufen.

Zuletzt ging es in einem Korruptionsverfahren vor dem Strafgericht Nord-Kairo um luxuriöse Geschenke, die Mubarak vom staatlichen Medienkonzern Al-Ahram entgegengenommen hatte. Da der Ex-Präsident den Gegenwert der Geschenke inzwischen an Al-Ahram zurückbezahlt hat, stand seiner Haftentlassung nichts mehr im Weg. Eine weitere Kammer hatte bereits vor zwei Tagen in einem anderen Korruptionsverfahren die Entlassung Mubaraks aus der Untersuchungshaft angeordnet.

Blogger und Aktivisten protestierten in sozialen Netzwerken gegen Mubaraks Haftentlassung. Die Muslimbrüder, deren Präsident Mohammed Mursi gestürzt und inhaftiert wurde, waren unter Mubarak jahrzehntelang verboten und im Untergrund aktiv.

Nach vielen Festnahmen wollen die Islamisten ihre Taktik im Machtkampf mit der Führung ändern und ihre Proteste ab sofort spontan und dezentral organisieren. Die Muslimbrüder waren bei Kundgebungen auch oft von Passanten attackiert worden. Gleichzeitig schärften die Gegner der Übergangsregierung ihren Mitstreitern ein, es sei ihre "Pflicht, nicht nachzulassen, sondern jeden Tag an Aktivitäten teilzunehmen". Inzwischen sitzt etwa ein Drittel der Führung der Muslimbruderschaft in Untersuchungshaft.

Medien berichteten, der von Übergangspräsident Adli Mansur eingesetzte Expertenrat habe inzwischen Vorschläge für die Änderung der umstrittenen Verfassung von Ende 2012 vorgelegt. Diese sehen unter anderem vor, dass der Ministerpräsident künftig nicht mehr vom Präsidenten bestimmt, sondern von der größten Fraktion im Parlament gewählt werden soll. Außerdem soll der Artikel gestrichen werden, der islamischen Religionsgelehrten weitreichenden Einfluss auf die Gesetzgebung eingeräumt hatte.

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