Wirtschaftsmagazin Einkaufen soll zum Erlebnis werden

BONN · Die Parfümerie & Lingerie Vollmar plant eine Make-up-Eventhalle und die Einrichtung eines Internet-Shops

 Martin Hergarten: Die Vielfalt in der Innenstadt sollte ein paar Euro mehr wert sein. FOTO: MARTINA SONDERMANN

Martin Hergarten: Die Vielfalt in der Innenstadt sollte ein paar Euro mehr wert sein. FOTO: MARTINA SONDERMANN

Foto: Martina Sondermann

Die Parfümerie Vollmar gehört seit mehr als 100 Jahren zur Bonner Geschäftswelt. In dritter Generation führen Martin und Gabriele Hergarten heute 15 Parfümeriefilialen und ein Dessousgeschäft mit insgesamt 110 Mitarbeitern. Der Stammsitz in der Bonner Sternstraße trotzt mit seinen barocken Vitrinen Branchenriese Douglas und Deutschlands führenden Drogeriemarktketten Rossmann und dm, die nur einen Steinwurf entfernt liegen. Dem Online-Handel steht Martin Hergarten kritisch gegenüber, setzt dafür lieber auf persönlichen Kundenservice und Erlebnis-Shopping.

Der Parfümeriechef hatte schon früh die Idee eines Concept Stores und nahm Anfang der 90er-Jahre hochwertige Dessous ins Parfüm- und Kosmetiksortiment auf. „Um den Laden einfach etwas spannender zu machen“, so der Inhaber. Die Lingerie-Abteilung in der Sternstraße musste jedoch im November letzten Jahres in die Kasernenstraße umziehen, um Platz zu schaffen für neue Parfüms, die Vollmar in Bonn exklusiv vertreibt und für deren Lizenz eine bestimmte Fläche zur Verfügung gestellt werden muss.

Große Halle, große Erwartungen

Damit hat Hergarten seine Vision vom Erlebnis-Shopping aber nicht aufgegeben. Sein neuestes Projekt ist eine Make-up-Eventhalle, die derzeit hinter der Stammfiliale entsteht – mit Verbindung zur Friedrichstraße. Ab März 2018 will er sein Publikum nicht nur mit ausgewählten Produkten und Events anziehen, sondern auch mit frischgebackenen Croissants und Smoothies. „Der Kunde soll verweilen“, so seine Devise.

Einen Wettbewerbsvorteil gegenüber „schwerfälligen“ Konzernen sieht Hergarten in der größeren Flexibilität. „Ich kann schneller reagieren und Aktionen machen.“ Seine Filialleiterinnen dürfen zudem ihr Geschäft so führen, als wäre es ihr eigenes. Von der Deko bis zur Personalplanung. „Das ist sehr motivierend“, sagt der Parfümeriechef. Außerdem gibt es in vier seiner Filialen einen ausgebildeten Maître des Parfums.

Online-Shop im Jahr 2018

Während Vollmar bei Instagramm und Facebook aktiv ist, präsentiert die firmeneigene Homepage lediglich die Filialadressen. „Das Thema habe ich leider verschlafen“, gibt Hergarten offen zu und plant für 2018 einen Webshop. Bisher hatten ihn die hohen Investitionskosten davon abgehalten und der Vollmar-Chef sein Geld lieber in seine Geschäfte gesteckt.

Nicht um jeden Preis

Der Preisdruck in der Parfümbranche ist hoch. Online-Riesen wie Amazon brauchen kein Ladenlokal, kein Fachpersonal, keine Tester. „Die müssen ja billiger sein“, sagt Hergarten. Wenn der Preis jedoch eine gewisse Grenze unterschreite, könne man das nicht mehr mit Service, Beratung oder Duftproben auffangen. Sein „Gegenmittel“: Rabatte. Doch damit, das ist allen bewusst, schadet der stationäre Handel auf Dauer nur sich selbst.

Als Vorstandsmitglied des Einzelhandelsverbands Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen und Vizepräsident des Handelsverband NRW mahnt Hergarten daher zu bewussterem Einkaufen. „Die Vielfalt in der Innenstadt sollte dem Konsumenten ein paar Euro mehr wert sein“, sagt er. „Sonst steht man irgendwann vor leeren Schaufenstern.“ Dennoch bleibt er zuversichtlich, dass das Pendel in ein paar Jahren umschlägt. „Je anonymer das Einkaufen wird“, so der Vollmar-Chef, „desto mehr steigt die Sehnsucht nach dem menschlichen Verkäufer.“

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