Merkel und Trump Echte Harmonie kaum denkbar

Den 17. März 2017 dürfte die Kanzlerin in Erinnerung behalten: das erste Treffen mit dem neuen US-Präsidenten. Unabhängig vom Ausgang – es wird die deutsch-amerikanischen Beziehungen stark beeinflussen.

 Kommen erstmals zusammen: US-Präsident Donald Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Kommen erstmals zusammen: US-Präsident Donald Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: Alex Brandon/Rainer Jensen/Archiv

Washington (dpa) – Diesmal lief alles nach Plan. Pünktlich startete Angela Merkel am Donnerstagabend in Berlin, sanft landete sie gut acht Stunden später in Washington. Der Sturm ist verflogen, der ihre transatlantische Reise am Montag noch verhindert hatte.

Unter einem strahlend blauen Himmel begrüßte sie Donald Trump um kurz nach halb zwölf Uhr Ortszeit vor dem Weißen Haus. Ein Händedruck, eher sachlich. Dass es drinnen ausschließlich sonnig, harmonisch und einträglich weiterging, darf bezweifelt werden.

Es sollte ja nicht nur um das deutsch-amerikanische Verhältnis gehen. Gemessen an der langen Liste der schwierigen Themen von Syrien über Russland, Ukraine, Libyen, dem Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat bis zum Freihandel und Trumps wirtschaftlichen Abschottungsversuchen war die Zeit für den Besuch kurz bemessen.

Zu Beginn war auf Trumps Vorschlag eine Viertelstunde unter vier Augen (plus Dolmetscher) vorgesehen. Mit Trumps Vorgängern Barack Obama und George Bush hatte Merkel eine solch vertrauliche Unterredung eher selten gehabt. Dann sollten für 45 Minuten Vizepräsident Mike Pence und Berater dazukommen, und eine weitere Dreiviertelsunde wollte man mit den deutschen Vorstandsvorsitzenden von Siemens, BMW und Schaeffler sowie den US-Chefs von IBM, Dow Chemical und Salesforce zusammen sitzen. Dem Vernehmen nach sollte hier auch Trumps Tochter Ivanka dabeisein.

Nach einer Pressekonferenz war ein einstündiges Arbeitsessen vorgesehen, Schwerpunkt Wirtschaftspolitik. Insgesamt wollten Merkel und Trump etwa dreieinhalb Stunden zusammensein. Politisches Speed-Dating. In sehr bewegten Zeiten.

Merkel und Trump müssen erst einmal ein Gefühl dafür bekommen, wie sie am besten miteinander umgehen. Hier der Geschäftsmann, der das sogenannte Establishment verteufelt und dem Volk angeblich die Macht zurückgeben will. Dort die Naturwissenschaftlerin, die Deutschland seit 2005 regiert und zu genau der politischen Klasse zählt, von der Trump nicht viel hält.

Hier der neue Präsident, der gern per Dekret regiert, eine Mauer bauen will und Abkommen über den Haufen wirft. Dort die Kanzlerin, hinter einer Mauer groß geworden, für die einmal geschlossene Verträge verbindlich sind.

Zum Beispiel die Vereinbarung der Nato-Staaten von 2014, sich bis 2024 auf eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zuzubewegen. "Völlig unrealistisch" nennt SPD-Außenminister Sigmar Gabriel dieses Ziel und warnt davor, Deutschland zum "Militärbullen" Europas zu machen. Derzeit erreicht die Bundesrepublik 1,2 Prozent des BIP.

Doch Merkel hatte 2014 beim Nato-Gipfel ihre Zusage zur Erhöhung der Ausgaben gegeben. Gabriels Vorgänger und Parteifreund, der gewählte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, übrigens auch. Deswegen ist in der Union jetzt von Wahlkampfgetöse Gabriels die Rede. 2017, im Bundestagswahljahr, könne niemand verlässlich sagen, dass die Haushaltslage in sieben Jahre nicht zwei Prozent des BIP hergebe.

Merkel dürfte Trump zumindest versichern, dass die größte Volkswirtschaft Europas dieses Ziel sehr ernst nehme. Die USA erfüllen es schon lange und über Gebühr - und Trump ist wohl nicht gewillt, Milliarden von Dollar für Nato-Verpflichtungen auszugeben, während andere Partner des Militärbündnisses stattdessen Geld etwa in ihre Sozialsysteme stecken. Obama hatte das ebenso gestört. Auch US-Bürgern seien Investitionen in das Land wichtiger, als Soldaten in den Krieg zu schicken, heißt es.

Vorbei die Zeiten, als Deutschland sich noch direkte Beteiligungen an Kriegseinsätzen von Nato oder Koalitionen durch Milliardenzahlungen ersparen konnte. Dem wiedervereinigten und wirtschaftlich vergleichsweise starken Deutschland wird trotz seiner katastrophalen Kriegsvergangenheit wieder vertraut - und so wird auch mehr erwartet.

Deutsche Diplomaten dämpfen vorsichtshalber die Erwartungen an das Treffen, mit konkreten Ergebnissen könne kaum gerechnet werden. Wohl aber mit Botschaften. Ihr gemeinsamer Auftritt im Weißen Haus werde Hinweise geben, ob sie einen Draht aufbauen können oder sich die Fronten weiter verhärten. Trump hatte Merkels Flüchtlingspolitik als katastrophal und ruinös bezeichnet. Und Merkel hatte für eine Zusammenarbeit die Bedingung gestellt, er möge die bisher gemeinsamen Werte von Demokratie und Freiheit einhalten. Sein – bisher an US-Gerichten gescheitertes - Dekret zu Einreiseverboten für Menschen aus sechs vorwiegend islamischen Ländern, lehnt sie auch ab. Echte Harmonie ist also schwer vorstellbar.

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