Kurzporträts Die Spitzenkandidaten für die bayerische Landtagswahl

München · Anstrengende Wochen mit zahllosen Wahlkampfterminen in ganz Bayern liegen hinter den Spitzenkandidaten aller Parteien.

 Markus Söder spricht auf der CSU-Wahlkampf-Abschlusskundgebung.

Markus Söder spricht auf der CSU-Wahlkampf-Abschlusskundgebung.

Foto: Sven Hoppe

Ob sich das Engagement am Sonntag auch im Wahlergebnis niederschlägt, bleibt abzuwarten. Ein Überblick über die wichtigsten Bewerber - ohne die AfD, die keinen landesweiten Spitzenkandidaten hat.

CSU/MARKUS SÖDER (51): Im März dieses Jahres hatte Markus Söder sein großes Ziel erreicht: Im Landtag wurde er, als Nachfolger seines ewigen Rivalen Horst Seehofer, zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt. Wer aber glaubt, dass der verheiratete vierfache Vater damit seine Feuertaufe schon hinter sich hat, der irrt. Söders eigentliche Bewährungsprobe kommt am Wahlsonntag. Dann wird sich zeigen, ob den desolaten Umfragewerten ein katastrophales Ergebnis für die CSU folgt und die absolute Mehrheit verloren geht.

Der Ziehsohn von Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber war CSU-Generalsekretär, Europaminister, Umweltminister und schließlich Finanzminister. Kritiker werfen dem Juristen vor, seine Karriere penibel geplant zu haben, halten ihm einen übertriebenen Ehrgeiz vor. Außerhalb Bayerns gilt er vielen als Scharfmacher und Populist. Selbst politische Gegner attestieren dem bekennenden Fan von Science-Fiction und ausgefallener Faschingsverkleidung aber Talent. Im Wahlkampf versucht er zunächst, mit gewohnt scharfer Asyl-Rhetorik der AfD das Wasser abzugraben; als die Umfragen eine Schlappe voraussagen, vollzieht er eine weitere Wandlung: vom Haudrauf zum sanften Landesvater.

SPD/NATASCHA KOHNEN (50): Die bayerische SPD-Chefin ist so etwas wie der personifizierte Gegenentwurf zu Söder. Natascha Kohnen mag die Grobheiten des Politikgeschäfts nicht, ihre Kritiker werfen ihr einen zu stillen Wahlkampf vor. Vor einigen Wochen hat sie nun ein wenig auf Attacke umgeschaltet. Die geschiedene zweifache Mutter steht wie Söder vor einer großen Aufgabe: Sie muss versuchen, den SPD-Absturz aufzuhalten und irgendwie doch noch Rang zwei im Landtag hinter der CSU zu verteidigen. Die Umfragen geben allerdings kaum Grund zur Hoffnung.

Kohnen ist eine Quer- und Späteinsteigerin. Ein SPD-Parteibuch hat die studierte Biologin, die als Lektorin arbeitete, erst seit 2001. Zunächst war sie lange und erfolgreich kommunalpolitisch aktiv, im bayerischen Landtag sitzt sie seit 2008. Auf Vorschlag des damaligen SPD-Landeschefs Florian Pronold wurde sie 2009 Generalsekretärin. Im Mai 2017 schließlich wurde Kohnen zur neuen SPD-Landesvorsitzenden gewählt - nachdem sie sich in einem Mitgliederentscheid gegen fünf männliche Mitbewerber durchgesetzt hatte. Seit Dezember 2017 ist sie auch stellvertretende Bundesvorsitzende.

FREIE WÄHLER/HUBERT AIWANGER (47): Mangelndes Engagement kann Hubert Aiwanger niemand vorwerfen. Regelmäßig steht der Niederbayer mit dem starken Dialekt auf großen und kleinen Bühnen, in Bierzelten und Fußgängerzonen, um für sich und seine Partei zu werben. Ohne ihn geht bei den Freien Wählern nichts: Der ledige Agraringenieur und zweifache Vater ist in Personalunion bayerischer Landesvorsitzender, Landtagsfraktionschef, Bundesvorsitzender - und Spitzenkandidat. Im Landtag ist er eine Ausnahmeerscheinung, viele halten ihn für einen politisch begabten Populisten.

Innerparteilich wird ihm von Kritikern ein egozentrischer und autoritärer Führungsstil vorgeworfen. Er kann lange Reden ohne jedes Manuskript halten. Aiwanger nimmt zudem für sich in Anspruch, auch außerhalb des Landtags viel politisch erreicht zu haben: zuletzt mit dem Volksbegehren für die Abschaffung umstrittener Straßenausbaubeiträge, das die CSU zum Handeln zwang. Der Einzug in den Bundestag blieb den Freien Wählern bisher verwehrt, doch Aiwanger hat nun ein neues Ziel: im Freistaat mitregieren und dadurch auch die bundespolitische Bedeutung seiner Partei erhöhen.

GRÜNE/KATHARINA SCHULZE (33) UND LUDWIG HARTMANN (40): Die Grünen haben traditionell zwei Spitzenkandidaten. Zumindest in Bayern sind diese im Wahlkampf aber noch nie auf eine solche Euphoriewelle getroffen.

Schulze, ledig, keine Kinder, ist eindeutig der lautere Part der Doppelspitze: auf Demonstrationen omnipräsent, in Reden und Debatten kämpferisch und engagiert - so sehr, dass mancher CSU-ler gerne mal die Augen verdreht. Das aber ist Schulze völlig gleich. 2013 erst war sie in den Landtag eingezogen, machte dort eine steile Karriere und stieg über den Innenausschuss 2017 zur Fraktionschefin auf. Sie gilt als fleißige Arbeiterin, die sich leidenschaftlich für ihre Überzeugungen einsetzt, nicht wenige sagen ihr eine große Karriere voraus. Kritiker werfen ihr bisweilen aber eine darauf orientierte Lebensplanung vor.

Schulzes Kollege Ludwig Hartmann, ledig, ein Kind, stammt aus einer durch und durch grünen Familie und zog 2008 erstmals in den Landtag ein. Dort hat sich der Kommunikationsdesigner einen Namen als Energieexperte gemacht. Er gilt als ehrgeizig und ebenfalls als ein Mann markiger Worte, der wenn nötig auch vor Streit nicht zurückschreckt. Kritiker vergleichen ihn bisweilen mit Markus Söder. Wie Schulze gehört auch Hartmann zur Generation der pragmatischen Flexi-Grünen.

FDP/MARTIN HAGEN (37): Mit einem jungen Spitzenkandidaten will die FDP nach fünf Jahren Pause den Wiedereinzug in den Landtag schaffen. Der in Italien geboren und in Rosenheim aufgewachsene Martin Hagen hatte sich in einer Urwahl gegen eine ganze Reihe Mitbewerber durchgesetzt, am Ende in einer Stichwahl auch gegen den ehemaligen Landeschef Albert Duin.

Der verheiratete zweifache Vater kann überzeugend argumentieren - und quasi auf eine FDP-Karriere aus dem Bilderbuch verweisen: Politik-Studium, Unternehmensberater, Pressesprecher der bayerischen FDP-Landesgruppe im Bundestag, acht Jahre lang Hauptgeschäftsführer der bayerischen FDP, dann wieder selbstständiger Strategie- und Kommunikationsberater. Und jetzt bewirbt er sich nicht nur um ein Landtagsmandat, als Direktkandidat im Stimmkreis Rosenheim-Ost, sondern führt die FDP auch gleich noch als Spitzenkandidat an. Er gibt sich ähnlich selbstbewusst wie auf Bundesebene Parteichef Christian Lindner. Sein Ziel für die FDP bei der Wahl: acht Prozent.

LINKE/ATES GÜRPINAR (34) und EVA BULLING-SCHRÖTER (62): Lange lag die Linke in den Umfragen nur bei drei Prozent, doch im jüngsten "Bayerntrend" sahen die Demoskopen sie erstmals über der entscheidenden Fünf-Prozent-Hürde. Ihr Einzug wäre ein Novum in der Geschichte des bayerischen Landtags und dürfte auch dem Spitzenduo einen Karrieresprung garantieren.

Dabei ist der junge Landeschef Ates Gürpinar erst seit 2010 Mitglied in der Partei. Er wuchs im hessischen Darmstadt auf, erst zum Studium zog es ihn nach Bayern, an die Universität Erlangen-Nürnberg.

An seiner Seite steht Co-Spitzenkandidatin Bulling-Schröter, die als ehemalige Bundestagsabgeordnete Parlamentserfahrung mitbringt. Die gelernte Schlosserin und in der Gewerkschaft verwurzelte Ingolstädterin kommt aus der Deutschen Kommunistischen Partei und trat 1990 - im Jahr der Wiedervereinigung - in die SED-Nachfolgepartei PDS ein, aus der später die Linke hervorging. Sie war Landeschefin der Linken (2007 bis 2016) und erreichte 2008 bei der Oberbürgermeisterwahl in ihrer Heimatstadt 2,98 Prozent.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort