Der Wunsch des Patienten, räumliche Nähe und das fachliche Spektrum entscheiden

Zum Artikel "Notfallsystem ist komplett in den Händen der Uniklinik" vom 13. Juli

Klinikärzte bezweifeln, dass bei der Verteilung von Notfallpatienten alle Krankenhäuser gleich behandelt werden. Dass der ökonomische Druck auf Chefärzte zu nicht nur fachlich begründeten Entscheidungen führen kann, war in den vergangenen Wochen Gegenstand öffentlicher Diskussion. Dass Chefärzte den Bezug zur Alltagsrealität ihrer Abteilung nicht immer wahren können, ist auch bekannt und durch die Anwürfe gegen den Notarztdienst erneut belegt. Jeden Tag (jeden!) kämpfen wir mit den internistischen Dienstärzten der Krankenhäuser via Direkttelefon um die Aufnahme der Notfallpatienten.

Selbst die Entlassung in derselben Abteilung vor drei Tagen oder drei Wochen ändert oft nichts an der Aussage "ich habe überhaupt kein Bett". Das ist die Realität - nicht nur in Bonn. Da ist es höchst erfreulich, dass sich in den vergangenen Jahren das Interdisziplinäre Notfallzentrum der Universität etabliert hat, das praktisch immer aufnahmebereit ist. Deswegen wählt der Notarzt aber nicht prinzipiell den weiten Weg dorthin. Was sollte er für ein Motiv haben, immer in die Uniklinik zu fahren, wenn er seinen Patienten wesentlich schneller in einem näher liegenden Krankenhaus in der Stadt abgeben könnte?

Je nach individueller Motivlage wird er sich lieber schnell frei für den nächsten Notfall oder auch für eine Ruhepause melden, aber sicher nicht aus Prinzip den Berg hinauf fahren.

Der Wunsch des Patienten, die räumliche Nähe und natürlich das fachliche Spektrum des Krankenhauses sind die Kriterien für die Zuweisung eines Patienten. Daran ändern auch Anwürfe nichts, die so alt sind wie der Bonner Notarztdienst (42 Jahre, von denen ich über 30 selbst aktiv überblicke) und durch regelmäßige Wiederholungen nicht richtiger werden. Wir Notärzte empfinden diese Anwürfe als unqualifiziert, unkollegial und von Motiven gesteuert, die jedenfalls eins nicht im Sinn haben: Das Wohl des Patienten.

Dr. med. Andreas Bartsch, Notarzt, Bonn

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