"Das ist kein Kavaliersdelikt"

Kreishandwerkerschaft kritisiert Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit - Zollamt Köln und die Stadt Bonn kontrollieren regelmäßig - 550 Hinweise seit 2004

"Das ist kein Kavaliersdelikt"
Foto: Lannert

Die zwei Elektriker stehen wie angewurzelt im Hausflur: Ohne Vorwarnung bauen sich plötzlich sechs Männer in Uniform vor ihnen auf. Selbst wenn einer der Elektriker hätte weglaufen wollen, er wäre nicht weit gekommen. "Zollamt Köln, Finanzkontrolle Schwarzarbeit", hört man im Flur.

Der Zoll und die Stadt Bonn kontrollieren bei ihren Streifzügen durch die Innenstadt und durch die Wohngebiete regelmäßig auch Handwerker. Und sie machen auch vor privaten Wohnhäusern keinen Halt, wenn sie einen Anlass zur Kontrolle sehen.

Bei der Schwarzarbeit gibt es zwei Varianten, die verfolgt werden: Entweder ein Handwerker hat sich nicht in die Handwerksrolle eingetragen und übt sein Handwerk unerlaubt aus; oder er hat sein Gewerbe überhaupt nicht angemeldet.

Nach der Einschätzung von Alois Blum, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bonn/RheinSieg, ist insbesondere das Baugewerbe, aber auch das Friseur- und Kfz-Mechatronik-Gewerbe von Schwarzarbeit betroffen. "Das ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn es von einigen so wahrgenommen wird", sagt er.

Das Thema Schwarzarbeit brennt auch der Handwerkskammer zu Köln unter den Nägeln. In einer Pressemitteilung warnt die Kammer vor Schwarzarbeit im großen Stil, die häufig mit Scheinselbstständigkeit einhergehe. "Wir gehen von 2 000 illegal tätigen Arbeitskräften in der Region Köln und Bonn aus", sagte Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Kammer. Hierbei handele es sich um eine moderne Form des Menschenhandels, weil Arbeitslöhne unter fünf Euro würden gezahlt.

Heiner Schaarschmidt von der Rechtsabteilung der Kölner Kammer kann nur jeden Handwerker davor warnen, schwarz zu arbeiten. Wenn man erwischt werde, laufe dies häufig auf eine Ordnungswidrigkeit und eine Strafgebühr hinaus, die bis zu einer fünfstelligen Summe reiche. "Das bedeutet dann schnell den finanziellen Ruin."

Für die Stadt Bonn ist eine Bekämpfungsgruppe Schwarzarbeit im Einsatz. Seit 2004 habe man die Suche intensiviert, sagte ein Sprecher der Gruppe. Seitdem ist die Verwaltung 550 Hinweisen nachgegangen. Es sei zu 70 Ordnungswidrigkeitsverfahren gekommen, wovon 40 abgeschlossen seien. Dabei seien Geldstrafen von insgesamt 80 000 Euro verhängt worden.

Die beiden Elektriker im eingangs beschrieben Hausflur gehörten nicht dazu. Sie hatten eine lupenreine Weste und konnten schon nach wenigen Minuten weiterarbeiten.

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