Wotan aus dem Königswinterer Reptilienzoo Das GA-Orakel tippt auf Deutschland

SIEBENGEBIRGE · Paul ist tot, Wotan lebt. Vier Jahre, nachdem der Krake aus dem Oberhausener Sea Life als Orakel bei der Fußball-WM 2010 weltberühmt geworden war, hat der General-Anzeiger jetzt sein eigenes Orakel: Nashornleguan Wotan aus dem Reptilienzoo im Siebengebirge tippt 1:0 für Deutschland gegen Portugal.

Seit Paul, der bereits wenige Monate nach der WM starb, ist ein großes Fußballturnier ohne Orakel nur noch halb so schön. Deshalb lässt eine Zeitung aus Ulm zur WM in Brasilien zwei Möpse, einen schwarzen und einen weißen, die Spiele tippen. Freddie und Chino mussten zuvor ein Mops-Casting über sich ergehen lassen.

Im niedersächsischen Serengeti-Park tippt Elefantendame Nelly die Spiele der deutschen Mannschaft - und tritt dabei vom Elfmeterpunkt gegen Torwartlegende Sepp Maier an. Im Allwetterzoo in Münster muss Kugelgürteltier Norman als Orakel ran, denn Kugelgürteltiere sind die Maskottchen der WM in Brasilien.

Norman entschied sich unter mehreren Bällen mit den Farben der deutschen Gruppengegner, die mit Mehlwürmern beklebt waren, im Übrigen für den portugiesischen Ball. Anderswo mühten oder mühen sich Elefanten, Kühe, Eisbären und Schweine. Pauls Treffsicherheit erreichte freilich keiner von ihnen.

Nun hat auch der GA sein eigenes Orakel - Wotan. Der Leguan lebt auf halber Strecke zum Drachenfels im Reptilienzoo. Unsere Wahl fiel auf ihn, weil Zoodirektorin Marlies Blumenthal nicht ausschließen wollte, dass die beiden Mississippi-Alligatoren Heinrich und Alice den präparierten Futtertrog erst aufsuchen würden, wenn die WM vielleicht schon vorbei ist. Heinrich, der Star des Reptilienzoos, ist mit seinen 59 Jahren etwas bequem geworden. Es sei ihm gegönnt.

So ganz überzeugt, dass der zwölfjährige Wotan mitspielen würde, war Marlies Blumenthal im Vorfeld aber auch nicht. Doch sie versprach immerhin, es zu testen. Erst war es jedoch zu kalt. Was für einen Leguan angenehm ist, wissen Besucher des Reptilienzoos, die sich dort schnell wie im tropischen Regenwald vorkommen. Zum Glück wurde es rechtzeitig zur WM warm genug.

Beim ersten Test verweigerte Wotan jedoch zunächst die Nahrungsaufnahme. Kleine Ratten oder Küken, die ihm besonders gut schmecken, wollte Frau Blumenthal ihrem Leguan aus ästhetischen Gründen und mit Rücksicht auf die GA-Leser nicht anbieten. Beim Baumarkt erwarb sie stattdessen eine lebendige Heuschrecke, an der Wotan durchaus Geschmack fand.

Am Donnerstag wurde es schließlich ernst: Am D-Day für das WM-Orakel stand grüner Salat mit Erdbeeren auf Wotans Speiseplan. Umringt von Schaulustigen, Fotograf und Berichterstatter, zeigte er jedoch kein sonderliches Interesse an den beiden Futternäpfen mit der deutschen und der portugiesischen Flagge. Vielleicht erinnerte sich Wotan daran, dass seine Vorfahren von den Großen Antillen stammen und allenfalls Fans von Haiti oder der Dominikanischen Republik sind.

Auch die sich ringelnden Würmer und die Heuschrecke als "Leckerchen" - Originalton Blumenthal - änderten an Wotans Trägheit erst einmal nichts. Sein Desinteresse ließ auf ein nicht sonderlich spektakuläres Spiel am Montagabend schließen.

Erst als die Unparteiische in Person von Marlies Blumenthal intervenierte und den Leguan mit der Nase in die Nähe des schwarz-rot-goldenen Futterschälchens setzte, entdeckte Wotan seinen Appetit wieder. Pfeilschnell schnappte er sich mit der Zunge die Heuschrecke. Und was bedeutet das für Montag? In den letzten Minuten schafft die deutsche Mannschaft doch noch das glückliche 1:0 gegen Portugal.

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