Zielkes Befreiungsschlag? Commerzbank kappt Jobs und baut Konzern um

Frankfurt/Main · Alles gut bei der Commerzbank? Weit gefehlt. Kaum ist der Wechsel an der Konzern-Spitze vollzogen, legt die deutsche Nummer zwei ein neues Sparprogramm vor.

Milliardengewinn, erste Mini-Dividende seit der Finanzkrise, die Aktie wieder leicht im Aufwind. Zum Abschied des langjährigen Commerzbank-Chefs Martin Blessing im Frühjahr schien die deutschen Nummer zwei nach Jahren der Sanierung auf einem guten Weg. Doch die Euphorie verflog schnell.

Kaum ist Blessing weg, packt sein Nachfolger Martin Zielke erneut den Rotstift aus. Konzernweit will die Bank unter dem Strich 7300 ihrer derzeit rund 45 000 Vollzeitstellen streichen. Aus der für 2016 in Aussicht gestellten Dividende für die Aktionäre wird nichts. Das Geschäft mit Firmenkunden baut die Bank radikal um.

Noch im Herbst hatte Blessing anlässlich seines bevorstehenden Abschieds erklärt: "Die Bank steht heute wieder stabil da. Wenn wir im Frühjahr 2016 dann auch wieder eine Dividende zahlen, sind wir wieder eine ganz normale Bank." Inzwischen zeigt die neue Normalität an den Märkten, wie sehr die Commerzbank immer noch kämpfen muss.

Nullzinsen, Negativzinsen und zu allem Überfluss die Europäische Zentralbank (EZB) als Spieler mit grenzenloser Feuerkraft im ohnehin umkämpften Anleihenmarkt. "Das gefühlt ewige Zinstief lässt die Ertragsbasis der Institute langsam aber sicher erodieren", warnte kürzlich Bafin-Präsident Felix Hufeld. "Wenn die Zinsen weiter so niedrig bleiben - und davon ist im Moment auszugehen - dann werden sich die Ergebnisse noch deutlich verschlechtern - trotz der immer noch sehr guten, außergewöhnlich guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen."

Eine aktuelle Studie der Landesbank Helaba sieht die Commerzbank als Schlusslicht in Sachen Profitabilität unter Großbanken in Europa: "Die einlagenstarke Bank leidet besonders unter dem Niedrigzinsumfeld. Im stark fragmentierten Heimatmarkt Deutschland mit hohem Wettbewerb lassen sich höhere Margen im Kreditgeschäft nur schwer durchsetzen." Zwar habe die Commerzbank ihre Kostenbasis "trotz erheblicher Investitionen in die Digitalisierung durch Personalkürzungen relativ stabil gehalten", konstatiert die Helaba. "Aufgrund der schwachen Erträge war die Kosten-Ertrags-Quote von zuletzt rund 80 Prozent aber unbefriedigend." Heißt: Für einen Euro Gewinn musste die Commerzbank im ersten Halbjahr fast 80 Cent aufwenden.

Zu harten Einschnitten, so scheint es, gibt es keine Alternative. Und so verwundert es nicht, dass das, was der Vorstand - unterstützt von McKinsey-Beratern - dem Aufsichtsrat zur Entscheidung vorgelegt hat, in weiten Teilen ein Sparprogramm ist. Auch wenn Zielke und seine Vorstandskollegen ihre "Strategie Commerzbank 4.0" anders verkaufen und Investitionen etwa in Digitalisierung versprechen. Am dichten Filialnetz der deutschen Nummer zwei, so viel hatte Zielke schon vorher durchblicken lassen, will er weiterhin festhalten: "Filialen werden gebraucht und gewünscht. Vor allem: Sie sind wichtig, um zu wachsen." Aktuell hat die Commerzbank bundesweit 1050 Filialen.

Dass er die Trendwende schaffen kann, bewies Zielke als Chef der Privatkundensparte. Die Sparte entwickelte sich in den vergangenen knapp vier Jahren vom Sorgenkind zum Ertragsbringer. Auch dank Lockangeboten wie dem kostenlosen Girokonto und einer Wechselprämie gewann die Bank seit 2013 etwa 940 000 zusätzliche Kunden, bis Ende dieses Jahres sollen es eine Million sein. Für den Aufwärtstrend wurde Zielke intern gefeiert, nach außen polierte er über eine Werbekampagne mit joggenden Mitarbeitern das Image der Bank auf. Nun muss der gebürtige Nordhesse beweisen, dass er auch einen ganzen Konzern wieder auf Gewinnkurs bringen kann.

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