Collegium musicum: Plädoyer für Vernunft und Weitsicht

Zur Diskussion um das Collegium musicum an der Bonner Universität

Fassungslos bin ich beim Lesen der Neuigkeiten aus der Universität Bonn das Collegium musicum betreffend. Eine Institution des Bonner Musiklebens, die fast 60 Jahre lang ein Aushängeschild der Bonner Uni war, wird fahrlässig aufs Spiel gesetzt.

Zu erklären ist das nur, wenn sich der Rektor und die Kulturintendantin nicht im Klaren darüber sind, welche Strahlkraft das Collegium musicum besitzt. Kein Alumni-Verband kann die Identifikationswirkung des Collegium musicum auch nur annähernd erreichen. Wenn Studenten eine Uni wählen, sind es nicht die schlechtesten, die gleich nach der Qualität des Fachbereichs die musikalischen Entfaltungsmöglichkeiten als Entscheidungskriterium heranziehen.

Wenn ich über das gescheitere Berufungsverfahren für den Leiter des Collegium musicum nachdenke, drängt sich mir auch die Frage auf, nach welchen Kriterien denn die Kulturintendantin berufen wurde und wer überhaupt mit welchem Interesse die Einrichtung einer solchen Stelle beschließt. Offenbar hat es keine Ausschreibung gegeben. Ist man als wissenschaftliche Mitarbeiterin der theologischen Fakultät qualifiziert?

Angetreten ist Frau Stadler ja unter anderem mit der Ansage, den Theatergruppen prominenter als bisher Status und Raum zu verschaffen unter dem Stichwort "Literarium" (ohne dass die schon bestehenden Kulturgruppen wie die Ensembles des Collegium musicum beschnitten werden sollten). Sind hier schon Fortschritte zu verzeichnen? Das wäre schön.

Aber wenn auf der anderen Seite eine über mehr als ein halbes Jahrhundert bestehende Institution, ein Aushängeschild der Bonner Universität auch international, gering geachtet, beschädigt oder sogar zerstört würde, wäre das absolut unverzeihlich und kein "Literarium" könnte das wettmachen.

Was soll destruktiv am Verhalten der Studierenden sein, die Verantwortung für den Weiterbestand übernehmen wollen und interessiert an einer Bestellung eines musikalischen Leiters durch ein fachkundiges Gremium sind? Ganz offensichtlich ist der Entzug der Schlüssel alles andere als konstruktiv und das Verwehren von Probemöglichkeiten alles andere als fachkundig.

Ich hoffe sehr, dass sich letztlich die Vernunft, der Weitblick und das gemeinsame Interesse an einer musikalisch und insgesamt kulturell starken Alma Mater durchsetzen werden.

Elisabeth Poggel, Bonn

Ich bin entsetzt über die Vorgänge um das Collegium musicum an der Uni Bonn, die das anerkannte Kulturschaffen per Verwaltungsdekret beendet und die Raumschlüssel für die Proben für Orchester, Chor, Uni-Big-Band usw. entzieht.

Wo sind wir denn? Greift der Wirrwar der Stadt Bonn um Beethovenhalle und Festspielhaus jetzt auch auf traditionsbewusste Einrichtungen wie die Uni Bonn über?

Das Collegium musicum gibt es seit rund 60 Jahren. Es konnte mit seinen Konzerten, vor allem unter der Stabführung der Musikdirektoren Platen und Mik international Anerkennung finden. Folgt jetzt die große Stille, wie sie sich Kulturbanausen in Bonn immer mehr wünschen ?

Merkwürdig finde ich auch, dass die Uni Bonn vor kurzem Schülerinnen und Schüler aus ihrem Bootshaus geworfen und damit deren Rudertraining blockiert hat. Es sind die künftigen Studierenden, ob sie nun Musizieren oder Sport treiben, die das Vorgehen der Uni Bonn trifft. Darauf kann sie richtig stolz sein.

Lilo Pfeffer, Niederkassel-Rheidt

Mit Erschrecken haben wir von der Abrissbirne gehört, die dem Collegium Musicum der Universität Bonn droht, bzw. die schon zugeschlagen hat. Meine Frau und ich, beide "Alt-Bonner", haben unsere ganze Studienzeit im Chor des Collegiums gesungen und Konzertreisen erleben dürfen. Das hat uns motiviert, auch jetzt im Chor der Stadt Wiesbaden zu singen; Singen ist Teil unseres Lebens geworden.

Wir beklagen in unserer Gesellschaft heute oftmals den Rückgang dauerhafter Verpflichtungen bei Jugendlichen, die Tendenz zum kurzen Konsum, ohne Verantwortung, die Unverbindlichkeit der nachwachsenden Generation. Einrichtungen - nein Institutionen - wie das Collegium Musicum Bonn oder entsprechende Collegien an vielen Universitäten in der Bundesrepublik, stellen einen Gegenpol zu dieser unerwünschten Entwicklung dar.

Dr. med. Renate Mayer, Dr. med Harald Mayer, Wiesbaden

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort