"Bitte anschnallen" China bereit für Achterbahnfahrt mit Trump

Peking/Washington · Trump zieht weiter durch, anscheinend unbeirrt von Protokoll, Geschichte oder Kontext. Nun ist China an der Reihe. Noch nicht einmal im Amt, provoziert Trump den Giganten. Und der reagiert nun.

Sollte es in Peking noch Illusionen über Donald Trump gegeben haben - sie sind zerplatzt. Erst bricht der neu gewählte US-Präsident mit dem jahrzehntealten Protokoll und telefoniert mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen.

Dann stellt er die Ein-China-Politik ganz zur Disposition und macht sie zur Verhandlungssache, um Konzessionen etwa in Handelsfragen zu erreichen. Nun kommt die Reaktion, und sie ist geharnischt.

"China muss genug Munition vorbereiten und mit Trump auf eine Achterbahnfahrt der chinesisch-amerikanischen Beziehungen gehen", meint die chinesische "Global Times" und warnt vor den Auswirkungen: "Es ist zu befürchten, dass mehr Menschen in der Welt ihre Sicherheitsgurte anschnallen müssen."

Seit Wochen hielt sich die kommunistische Führung zurück, verwies eher auf Trumps Unerfahrenheit. Auch in Peking gab es die Hoffnung, dass er alles nicht so meinte, wie er es sagte. Er müsse erstmal ins Weiße Haus einziehen, hieß es. Überhaupt, er sei ein Geschäftsmann, der gerne verhandle. Am Ende werde er schon sehen, wie einträglich gute Beziehungen zum wirtschaftlich starken China seien, argumentierten chinesische Experten.

Auch Professor Shi Yinhong war vorsichtig, aber das ist vorbei. "Die Chancen, dass Trump den Beziehungen schaden wird, sind drastisch gestiegen", sagte der renommierte außenpolitische Experte der Volksuniversität der Deutschen Presse-Agentur. Auch Unerfahrenheit lässt er nicht mehr gelten. "Selbst eine dumme Person weiß, wie die Beziehungen zwischen China und den USA funktionieren."

Ein solcher Kurswechsel und gar eine Anerkennung Taiwans, das China nur als abtrünnige Insel behandelt, ist aus seiner Sicht höchst gefährlich: "Es geht hier nicht nur um zwei Länder. Es betrifft alle Asiaten und die internationale Sicherheit", sagt Shi Yinhong. Denn China macht keinen Hehl aus seiner Intention, die demokratische Inselrepublik notfalls mit Gewalt ins Reich zurückzuholen.

Doch vorher gibt es noch andere Druckmittel - diplomatisch und über Handel und Finanzpolitik, um das "ignorante Kind", so die "Global Times", zu züchtigen. "Wenn die USA die Unabhängigkeit Taiwans öffentlich unterstützen und aufdringlich Waffen verkaufen, warum können wir nicht einfach alle möglichen Kräfte, die in der Welt gegen die USA sind, unterstützen und ihnen unter dem Tisch Waffen zur Verfügung stellen?", schlägt der Kommentator in Kalter-Kriegs-Manier vor.

Kein Zweifel, China ist bereit für die Konfrontation mit Trump: "Erst wenn er gegen einige Hindernisse stößt und wirklich versteht, dass sich China und der Rest der Welt nicht schikanieren lassen, wird er ein bisschen Erkenntnis gewinnen." Das ist mehr als deutlich. Und es macht klar, wie brandgefährlich Trumps Polterei ist.

Was also bezweckt der designierte Präsident? Prescht er polternd vor, weil er das verbündete Taiwan wirklich als ein Pfand gegen den Riesen China ausspielen will? Oder stolpert der Unternehmer wirklich ahnungslos in die Welt der internationalen Politik, weil er es einfach nicht besser weiß? Vermutlich dürfte er dafür zu gerissen sein.

Für die Theorie eines größeren Plans spricht auch, dass Trump schon im Oktober 2011 twitterte, er halte US-Präsident Barack Obamas Zurückhaltung bei Taiwans Forderung nach 66 neuen F-16-Bombern für ein falsches Zeichen an die Adresse Pekings. Im Wahlkampf 2016 dann nutzte Trump China als stetes Angriffsziel, bis heute streut er falsche Behauptungen: China manipuliere Währungen zuungunsten der USA, erhebe Zölle auf US-Produkte, was die USA ihrerseits nicht täten – beides ist erwiesenermaßen unwahr.

Trump ist umgeben von China-Falken wie Edward Feulner, dem früheren Präsidenten der konservativen Heritage-Stiftung. Auch Stabschef Reince Priebus unterhält freundlichste Beziehungen zu Taiwan. Andere Berater sprachen sich schon vor der Wahl für eine massiver Aufrüstung Taiwans aus. Ihnen war die Asien-Politik des Weißen Hauses der letzten Jahre immer ein Dorn im Auge.

Multilaterale Diplomatie und Barack Obamas Verständnis von Politik als Prozess haben in ihren Augen China nur den Weg geglättet, immer stärker und zu einer mindestens regionalen Supermacht zu werden. Statt Obamas "Hinwendung zu Asien" wollen sie ein kraftvolleres Auftreten der USA in der Region. China, der Gigant, solle gefälligst in die Schranken gewiesen werden.

So wie Trump sich jetzt in die Brust wirft, scheint er an dieser brandgefährlichen Haltung Gefallen zu finden. "Er betreibt Außenpolitik ohne jegliches Interesse an Kontext oder Geschichte", sagte der Journalist und Autor George Packer vor wenigen Tagen in Washington. Nicht nur für die Zukunft der US-chinesischen Beziehungen muss das nicht optimistisch stimmen. Trump, noch nicht einmal im Amt, hält alle unter Feuer.

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