Bewohner wissen nicht wohin "Campingplatz" in Sinzig wird geschlossen

SINZIG · Bei den Nutzern von Wochenendhäusern in Westum herrscht Krisenstimmung. Der Verpächter und Eigner will den drei Hektar großen Wohnpark aufgeben. Das Areal muss geräumt werden.

Verzweiflung bei 129 Nutzern des „Campingplatzes“ am Hellenbach: Die Anlage wird geschlossen. Verpächter und Eigner Siegfried Heuser möchte den drei Hektar großen Wohnpark aufgeben. Während die Flächen verpachtet sind, gehören die Aufbauten jedoch den „Campern“. Sie haben nun bis Ende August Zeit, ihre kleinen Parzellen zu räumen und ihre Holzhäuschen abzureißen.

Besonderes Problem: Mehr als 40 Bewohner der an der Sonnenstraße in Westum gelegenen Wohnanlage haben dort ihren ersten Wohnsitz, wohnen also ständig dort. Für sie beginnt nun eine nervenaufreibende Suche nach einer neuen Bleibe. Zahlreiche Holzhütten wurden nach Auskunft der Stadt ohne Genehmigung errichtet.

Nathalia Alfirova und ihr Mann haben vor acht Jahren die Anlage im Sinziger Ortsteil Westum für sich entdeckt. Der Hellenbach plätschert vorbei, die vorhandene Nachbarschaft war nett: Eine Parzelle wurde gepachtet, die schon bestehenden mit Strom- und Wasserversorgung ausstaffierten Aufbauten wurden gekauft. „Im Laufe der Jahre haben wir mehr als 20 000 Euro in unser Wochenendhäuschen gesteckt“, berichtet die ansonsten in Remagen lebende Marketing-Assistentin.

Kündigung kam überraschend

Mit Gartenzwerg und anderer Garten-Deko wurde eine kleine Idylle geschaffen, die in der Freizeit zum Ort der Entspannung und Erholung wurde. „Mein Mann ist sehr krank. Da ist uns eine solche Oase der Ruhe sehr wichtig“, so die 43-Jährige.

Am 26. März gab es dann die böse Überraschung: Platzbetreiber Heuser (74), der den Platz einst von seinem Vater übernahm, kündigte allen Nutzern zum 30. April. Dies mit der Auflage, alle fest installierten Aufbauten zu entfernen und zu entsorgen. Hierfür räumte er ihnen allerdings Zeit bis Ende August ein. Alfirova: „Die Kündigung kam für uns völlig überraschend. Wir waren am Boden zerstört.“ Heuser zum General-Anzeiger: „Aus Alters- und Gesundheitsgründen kann ich die Anlage nicht weiter betreiben. Ich denke, dass ein fünfmonatiger Zeitraum ausreichend sein dürfte, um die Grundstücke zu räumen.“

Alfirova und ihr Mann hoffen immer noch, dass Heuser einlenkt und ihnen die Parzelle überlässt. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die Remagenerin fühlt sich reichlich überrumpelt und fragt: „Warum wurde uns nicht bereits vor Jahren gesagt, dass es eine Schließungsabsicht gibt? Dann hätten wir viel Geld sparen können.“ Nie und nimmer hätte sie so viel Geld und Liebe in die Anlage gesteckt, wenn sie gewusst hätte, dass es dort keine Zukunft gibt, sagt sie.

Zukunft für viele Bewohner offen

Ein älteres Ehepaar kommt mit Leiter und Werkzeug auf die Anlage gefahren. Seit vielen Jahren nutzen sie dort ihr Wochenendhäuschen. „Wir bauen nach und nach ab“, erklärt der Mann aus dem Kreis Ahrweiler, der nicht genannt werden möchte. Sein derzeit größtes Problem: Inzwischen habe er bei mehreren Baufirmen nachgefragt, ob sie bereit seien, den Abriss des vom Ehepaar genutzten Holzhäuschens vorzunehmen. Alle hätten abgewunken. Volle Auftragsbücher machten den kleinen Abrissauftrag für die Unternehmen uninteressant. „Wie bekommen wir die Hütte nun weg?“ fragt er sich.

Noch gravierender sind die Fragen, die sich die Dauernutzer der Wohnanlage stellen. So mancher wohnt seit vielen Jahren dort, hat am Hellenbach seinen ersten Wohnsitz. Mit eigenem Briefkasten, TV- und Internetanschluss. „Ich weiß nicht, wohin“, so einer der Langzeitbewohner. Viel Geld für eine Wohnung habe er nicht. Das sei ja auch der Grund, weshalb er sich in der Campinganlage niedergelassen habe.

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