Der Mann mag seine Verdienste haben, aber wie kaum ein anderer hat er durch seine Politikberatung und seine politischen Vorgaben an der Seite von US-Präsidenten dazu beigetragen, dass sein "Charakterbild in der Geschichte" heftig schwankt. Zumindest dessen öffentliche Wahrnehmung. Die Zusammenarbeit mit den widerlichen Diktatoren dieser Welt nach dem Grundsatz "Er ist zwar ein Schweinehund, aber wenigstens unser Schweinehund" ist dabei in Erinnerung geblieben.

Kissinger hat für einige dieser Herren die Drecksarbeit erledigt. "Realpolitiker" nennt man solche Leute, die - Millionen Tote oder Geschädigte in Kauf nehmend - die politische Moral in der jüngeren Geschichte mit Füßen getreten haben, deren Gewissen offenbar eine Menge aushält und die nicht nur die viel zitierten Gutmenschen und Alt-68er zur Kritik herausgefordert haben, sondern deren Gegner inzwischen auch im bürgerlichen Lager auf breiter Front anzutreffen sind. Sicher findet ein Mann wie Kissinger seinen Platz in der Weltgeschichte, als was auch immer.

Aber verehren oder gar vor ihm und seiner Lebensleistung auf die Knie gehen muss man nun wirklich nicht. Die Idee, solchen Leuten einen Lehrstuhl an einer renommierten Universität widmen zu wollen, verdient deshalb den Kommentar: Das geht schon gar nicht. Andere Namen bieten sich an. Namen, die die Wissenschaft vorangebracht und sich als Zukunftsgestalter einen seriösen Namen gemacht haben. Johan Galtung zum Beispiel wurde im GA schon vorgeschlagen.

Dr. Gerd Renken, Bonn