Bedürftige Senioren in Bonn Altersarmut: Risiko steigt

Bonn · Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Laut Paritätischem Wohlfahrtsverband leben in Deutschland 12,5 Millionen Arme. Das entspricht einer Quote von 15,5 Prozent der Bevölkerung. Besonders häufig betroffen sind Rentner, Alleinerziehende und Kinder. Sie haben kaum Chancen, am Wohlstand teilzuhaben.

 Nur mit einem kargen Frühstück beginnt dieser bedürftige Rentner seinen Tag. Am Ende des Monats bleibt ihm kaum Geld für Lebensmittel.

Nur mit einem kargen Frühstück beginnt dieser bedürftige Rentner seinen Tag. Am Ende des Monats bleibt ihm kaum Geld für Lebensmittel.

Foto: dpa

Während auf der einen Seite die Zahl der Beschäftigten in Deutschland steigt, sind mehr Menschen von Armut bedroht oder leben am Existenzminimum als je zuvor. Dabei steigt das Armutsrisiko der Älteren stetig, stellenweise sogar drastisch. Der Paritätische Wohlstandsverband warnt: "Bedrohlich zugenommen hat in den letzten Jahren die Altersarmut, insbesondere unter Rentnern." Keine andere Bevölkerungsgruppe zeigt eine rasantere Armutsentwicklung.

"Deutschland altert, und die deutsche Gesellschaft gehört im internationalen Vergleich zu einer der ältesten. Die demografische Entwicklung überrollt die Idee des Generationenvertrags, es gibt immer mehr Ältere aber immer weniger Junge, die in die Kassen einzahlen", warnt Thomas Krüger, Präsident der Bonner Bundeszentrale für politische Bildung (bpb, die den "Datenreport. Ein Sozialbericht für Deutschland" mitveröffentlicht.

"Zudem steigt das Risiko der Altersarmut, wenn das Arbeitsleben unterbrochen wird, etwa durch Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung. Dafür muss die Politik faire Lösungen finden. Niemand, der seit Leben lang hart gearbeitet hat, darf am Ende in der Armut landen", fordert Krüger.

Eine steigende Zahl bedürftiger Senioren registriert auch die Stadt Bonn. 2014 bezogen 3177 Senioren Grundsicherung im Alter, so die Stadt. Waren es 2012 noch 2595, wurden 2013 schon 2774 bedürftige Rentner aufgeführt.

"Die Zunahme der Fälle hängt einerseits mit der größer werdenden Zahl ältere Menschen zusammen, aber auch damit, dass anteilig immer mehr Menschen auf Transferleistungen angewiesen sind, da sie etwa keine ausreichenden Rentenansprüche während ihrer Erwerbsbiografie vor Erreichen der Altersgrenze aufbauen konnten", berichtete die scheidende Bonner Sozialdezernentin, Angelika Wahrheit. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen. Außerdem steigt insgesamt die Zahl der Älteren in der Gesellschaft, so auch in Bonn: Rund 58 000 Menschen sind 65 Jahre und älter. Im Oktober 2014 waren es noch 57.000.

Bedürftige Senioren erhalten Grundsicherung, wenn aus Altersgründen nicht mehr erwartet werden kann, dass die Person die materielle Notlage überwinden kann, indem sie eine Arbeit findet, oder wenn dies aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht möglich ist.

"Jetzt kommt es ganz darauf an, was wir daraus machen. Wenn keine politischen Reformen umgesetzt werden und die Gesellschaft tatenlos dabei zuschaut, wird die Altersarmut weiter steigen und zwar bei den auch heute schon gefährdeten Gruppen: Alleinerziehenden, Selbstständigen, zeitweise Arbeitslosen. Unsere Zivilgesellschaft ist aber gefestigt und es gibt bereits jetzt Ansätze, die der Entwicklung entgegenwirken", erklärt Thomas Krüger.

Die Stadt Bonn bereitet zurzeit die so genannte "Örtliche Planung" in einer Kommunalen Seniorenberichterstattung vor. Darin werden die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Älterwerdens in Bonn analysiert. Ziel sei es, das bestehende Angebot - Nachfrage, Auslastung, Bekanntheit - zu evaluieren und so einerseits etwaige Lücken in der Versorgung, aber möglicherweise auch Parallelstrukturen zu identifizieren und Angebote entsprechend weiter zu entwickeln.

"Eine der wesentlichen Aufgaben der politischen Bildung ist es, Freiräume bereitzustellen, in denen neue Gedanken über Gesellschaft entstehen und reifen können. Das gilt auch gerade in diesem Bereich, der manchmal sehr unübersichtlich erscheint", erklärt Krüger. Aber auch jeder Einzelne könne sich solidarisch engagieren: "Im konkreten Fall kann sich die Unterstützung natürlich auch in Spenden ausdrücken, wie bei der Aktion Weihnachtslicht. Oftmals werden die Älteren der Gesellschaft dabei vergessen, dabei haben sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft geleistet und sollten im Alter nicht in finanziellen Notlagen leben", so Krüger.

Weitere Infos zur Grundsicherung gibt es im Rathaus Beuel. Reservierung von Beratungsterminen ist unter 02 28/77-0 oder per E-Mail an wirtschaftslichehilfen@bonn.de möglich.

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