Freude über Medaille aus Mainz Älteste Winzergenossenschaft der Welt ist an der Ahr

MAYSCHOSS · Lob und Ehre beim Festkommers zum 150-jährigen Bestehen der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr.

Beim Festkommers am Sonntagmorgen: (von links) Hubertus Kunz, Ralf Barkey, Rudolf Stodden, Volker Wissing, Matthias Baltes, Jürgen Pföhler, Achim Haag, Edgar Bertram und Hubert Pauly.

Beim Festkommers am Sonntagmorgen: (von links) Hubertus Kunz, Ralf Barkey, Rudolf Stodden, Volker Wissing, Matthias Baltes, Jürgen Pföhler, Achim Haag, Edgar Bertram und Hubert Pauly.

Foto: Martin Gausmann

Ein funkelnagelneues Barrique, eine Medaille, ein Setzling der Kastenholzrebe, eine Bananenstaude. Das vielfältige Sortiment an Geschenken nahm der Vorsitzende der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr, Matthies Baltes, am Sonntag bei der 150-Jahr-Feier der Genossenschaft entgegen. Drei Tage lang war das Zelt auf dem Platz am Bahnhof Ziel von Jung und Alt: am Freitag zur Disco, am Samstag beim Konzert mit der Kölner Band „De Räuber“ und gestern zum Festkommers mit Winzern und Prominenz.

Freilich wurde viel geredet, wurde die 1868 in dem kleinen Weindorf an der Ahr aus der Not heraus gegründete Genossenschaft, die seit 20 Jahren weit über die Region hinaus von sich reden macht, in rosiges Licht gerückt, gelobt. beglückwünscht. Mit auf der Rednerliste stand Hubertus Kunz, Bürgermeister der Gemeinde. Er lenkte den Blick zunächst zurück in die Zeit vor dem Gründungsjahr. Nach katastrophalen Missernten war sie geprägt von großer Not in den Winzerfamilien. Viele sahen keinen Ausweg, als nach Amerika auszuwandern, „in das damals gelobte Land“.

Billige Weine überschwemmten den Markt. „Der Wein ist gewachsen zum Durstlöschen und zum Verderben der Winzer“, zitierte Kunz aus der damaligen Pfarrchronik. In zehn Jahren waren 40 junge Winzer an „übermäßigem Weingenuss“ gestorben. Da schlossen sich 22 Winzer zur ersten Winzergenossenschaft in Deutschland zusammen. Laut Pfarrchronik gab's dabei heftige Diskussionen, wohl aber kein Blutvergießen. Ziel war es, bei der Vermarktung unabhängig zu werden von Kaufleuten und Weinhändlern. „Die Idee der gemeinsamen Vermarktung und Weinbereitung wurde in der Rückschau über 150 Jahre eine einzigartige Erfolgsgeschichte für unser Dorf, ja für das ganze Ahrtal“, sagte Kunz. Die Genossenschaft habe es immer wieder verstanden, sich neuen Herausforderungen zu stellen und ihr Geschäftsmodell den aktuellen Bedürfnissen anzupassen und weiter zu entwickeln.

Der Vorstandsvorsitzende Baltes hatte im Schatzkeller eine alte Flasche gefunden und darin Ratschläge seiner Vorgänger in 50-Jahres-Schritten. „Einer allein schafft nichts, sondern nur gemeinsam“, hatte Gründungspräsident Nikolaus Näkel seinen Nachfolgern mit auf den Weg gegeben und die ersten Weinkeller gebaut. 50 Jahre später mahnte Präsident Peter Rochus Josten, die Gemeinschaft zu pflegen und jeweils am letzten Mittwoch im August Stiftungsfest zu feiern. Zum 100-Jährigen hatte Präsident Franz Asbach die erste Kellerführung für Touristen zum Preis von 25 Pfennigen angeboten und sechs neue Ausschankkeller bauen lassen.

Die wichtigsten Dinge aus den darauf folgenden 50 Jahren, fasste Baltes zusammen: die Fusion mit dem Winzerverein Altenahr, die Beteiligung am Weingut Kloster Marienthal, die Fusion mit dem Winzerverein Walporzheim. All dies war mit Rudolf Mies an der Spitze geschehen, der die Genossenschaft 36 Jahre lang, so lange wie keiner seiner Vorgänger, geführt und mit an die Spitze der deutschen Weinwirtschaft gebracht hatte.

Weinbauminister Volker Wissing verlieh die Wirtschaftsmedaille seines Ministeriums an die Genossenschaft. Den Weinbau nannte er „ein ganz besonderes Kulturerbe“. Er habe den Vorschlag gemacht, Weinbau und Weinkultur „als immaterielles Kulturerbe zu schützen“, sagte er.

Landrat Jürgen Pföhler lobte die aus der Not heraus geborene Kooperative, die sich über die Region hinaus zum Flaggschiff mit internationaler Bedeutung entwickelt habe. Mit 150 Hektar bearbeiteten die Mitglieder ein Drittel der Anbaufläche der Ahr, sagte er und lobte die Bereitschaft der Mayschosser zu großen Investitionen in ihre Standorte Mayschoß, Altenahr und Walporzheim. Er überreichte die Kastenholzrebe.

„Die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr strotzt vor Gesundheit und Lebendigkeit“, stellte Ralf Barkey, Vorstand des Genossenschaftsverbandes, fest. Genossenschaften seien die mitgliederstärksten Wirtschaftsformen in Deutschland. Genossenschaften ernährten die Hälfte der Weltbevölkerung. Ahrweinkönigin Annika Schooß und die Mayschosser Majestät Nadine Münch lobten Tradition und Innovation, die bei den Mayschossern miteinander verbunden würden. Verbandsbürgermeister Achim Haag führte an, dass die Menschen sich vor 150 Jahren zusammengetan hätten, nicht um zu jammern, sondern um etwas zu tun. Edgar Bertram, der Vorsitzende des Winzervereins Ahrweiler, führte das kollegiale, freundschaftliche Klima zwischen den drei Genossenschaften der Ahr an: den Mayschossern, den Ahrweilern und der Dagernova. Den Mayschossern wünschte er „immer eine Handbreit Wein unter dem Kiel“ und übergab ein Barrique. „Macht weiter so“, gab Weinbaupräsident Hubert Pauly den Jubilaren mit auf den Weg und überreichte die Bananenstaude symbolisch als Kraftspender für die Arbeit in den Steillagen.

Der Vorabend mit Kölsch-Rock und der Gruppe „De Räuber“ hatte die Mayschosser bereits in beste Stimmung versetzt, so wurde nach dem offiziellen Teil noch fröhlich weiter gefeiert.

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