WM-Stichtag 10. Juli 2010: Sturm auf den dritten Platz

Bei Europameisterschaften sind sie längst abgeschafft, und bei Weltmeisterschaften werden sie oft abschätzig als die Spiele um die goldene Ananas bezeichnet - die Begegnungen um den dritten Platz.

Während die Sieger der Halbfinals emotional auf Wolke sieben schweben und auf das große Finale hinfiebern, müssen die Verlierer noch einmal ein paar Tage ihre Wunden lecken, bevor sie das eigentlich bedeutungslose Spiel in Angriff nehmen können.

Doch die Geschichte der WM gerade in den letzten Jahrzehnten zeigt: Oft waren diese Matches, frei von taktischen Zwängen, torreiche und schön anzusehende Spiele, in denen oft die hoch motivierten Spieler von der Bank für die Entscheidung sorgten. Da werden Erinnerungen wach an den 3:2-Sieg der Türkei 2002 gegen Südkorea, an die 0:4-Pleite Bulgariens gegen Schweden 1994 oder an das 4:2 von Frankreich 1986 über Belgien.

In diese Reihe passt auch das Spiel des deutschen Teams am 10. Juli vor vier Jahren, als Mesut Özil, Thomas Müller, Cacau und später auch Stefan Kießling herzerfrischend stürmten und Uruguay mit 3:2 besiegten. Müller erzielte mit dem 1:0 zugleich seinen fünften WM-Treffer und wurde damit Torschützenkönig.

Überhaupt die deutsche Mannschaft: Fünfmal musste oder durfte sie das Spiel um den dritten Platz bestreiten und gewann viermal. Kein anderes Land war erfolgreicher. Und jedes Mal war es ein erfolgreicher Abschluss eines Turniers, bei dem nur ein wenig am großen Triumph fehlte.

1934 der 3:2-Sieg über Österreich nach der unglücklichen Niederlage im Halbfinale gegen die Tschechoslowakei, 1970 das 1:0 durch Wolfgang Overath gegen Uruguay nach dem 3:4 gegen Italien, 2006 die Schweinsteiger-Gala beim 3:1-Erfolg über Portugal nach dem 0:2 gegen Italien, und 2010 eben der Sieg über Uruguay nach der Halbfinal-Niederlage gegen Spanien.

Den ordnete die britische Zeitung "News of the World" so ein: "Es ging nicht um den dritten Platz, sondern um die Zukunft. Um eine deutsche Mannschaft, die eine der dominierenden Kräfte des Fußballs werden könnte." Wie prophetisch, kann man nach dem 7:1 von Belo Horizonte sagen.

In der Serie WM-Stichtag erinnern wir täglich an markante Momente in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften.

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