Wohnlage in Bonn Kommt Bewegung in den Wohnungsmarkt?

BONN · Es kann durchaus nützlich sein, wenn man Investoren und Politiker öffentlich ins Gespräch bringt. Diesen Eindruck durften zumindest Zuhörer des ersten GA-Messe-Talks auf der Bonner Immobilienmesse am vergangenen Samstag bekommen haben.

Talk auf der Bonner Immobilienmesse: "Bezahlbarer Wohnraum in Bonn - Was tun?" mit (v.l.) Detlef Eckert, Reinhard Limbach, Jens Bräutigam, Mirco Theiner, Marcel Schmitt und Moderator Holger Willcke.

Talk auf der Bonner Immobilienmesse: "Bezahlbarer Wohnraum in Bonn - Was tun?" mit (v.l.) Detlef Eckert, Reinhard Limbach, Jens Bräutigam, Mirco Theiner, Marcel Schmitt und Moderator Holger Willcke.

Foto: Axel Vogel

Fünf Experten diskutierten im Telekom Dome mit GA-Redakteur und Moderator Holger Willcke über die Frage: "Bezahlbarer Wohnraum in Bonn und der Region! Was ist zu tun?" Nach einer teils kontroversen, aber sachlichen Diskussion zwischen Jens Bräutigam, Geschäftsführer der Wohnbau GmbH, dem CDU-Stadtverordneten und Immobilienkaufmann, Reinhard Limbach, Mirco Theiner, Geschäftsführer des Mieterbundes, Detlef Eckert, Prokurist der Vebowag, und Marcel Schmitt, Stadtverordneter des Bürger Bunds Bonn, hatte es den Anschein: In absehbarer Zeit könnte sich etwas zum Positiven bewegen auf dem Bonner Wohnungsmarkt.

An dem Befund zweifelte keiner der Diskutanten: In Bonn fehlt es an bezahlbaren Wohnungen im Allgemeinen und an gefördertem Wohnraum im Besonderen. Wie groß der Bedarf konkret ist, darüber gingen die Meinungen auseinander. Vebowag-Prokurist Eckert lagen zwar keine genauen Zahlen zum Bedarf vor, aber immer wieder werde die Zahl "5000" genannt. Jens Bräutigam, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Wohnbau, machte dabei unterschiedliche Bedarfsträger aus.

Es mangele nicht nur an bezahlbarem, so Bräutigam, sondern auch an frei finanziertem Wohnraum. So an Angeboten für Mitarbeiter von Dax-Unternehmen. Außerdem hätten alte und behinderte Menschen mehr Aufmerksamkeit verdient. "Wir brauchen mehr barrierefreie Wohnungen, das ist ein großes Problem." Nur 25 Prozent der Bestände sind laut Bräutigam umrüstbar, und daher müsse man diesen Bedarf gezielt "mit Neubauten bedienen".

Eckert verwies auch darauf, dass sich vor allem immer mehr ältere Mieter bei seinem Unternehmen melden, "weil sie eine kleinere Wohnung suchen". Zumeist nach dem Tod des Partners "können sie ihre alte Wohnung einfach nicht mehr bezahlen".

"Woher kommt die Zahl 5000?", hielt BBB-Politiker Marcel Schmitt dagegen. "Belastbare Zahlen hat niemand." Das bestritt wiederum Mirco Theiner vom Mieterbund: "Wir haben 2012 selber Zahlen in einer Studie erhoben." Gleichwohl gibt es für ihn keine Zweifel, dass die Stadt die Wohnmarktbeobachtung ernster nehmen muss als bislang. Theiner stellte in diesem Zusammenhang die Stadt Troisdorf als positives Beispiel dar.

Warum nicht mehr Wohnraum entsteht, erklärt Bräutigam so: "Unbebaute Grundstücke sind in Bonn selten, und Baurecht zu schaffen ist schwer." Auch seien viele Bebauungspläne veraltet. Daher sei Nahverdichtung ein probates Mittel. Aber auch gegen solche Pläne rege sich oft schon früh Widerstand. Umso bedauernswerter findet er die Situation, weil seine Wohnungsbaugesellschaft aus dem Stand rund 500 Wohnungen mit eigenen Mitteln und auf eigenen Grundstücken in Bonn realisieren könne. Darunter auch geförderten Wohnraum.

Bürgerproteste gegen Bauvorhaben sind für den Stadtverordneten Marcel Schmitt legitim: "Es ist das gute Recht eines jedes Bürgers, zu überprüfen, ob er mit dem Projekt leben kann oder nicht. Schließlich leben wir in einem Rechtsstaat." Im Widerspruch zu Transparenz und Offenheit sieht Schmitt vor allem ein Nahverdichtungsprojekt der Wohnbau am Rosental in Bonn. Hier sind laut Schmitt Häuser errichtet worden, "die nach dem Bebauungsplan nicht erlaubt sind". Bürger seien nicht beteiligt worden. Im Übrigen sei er auch nicht der Auffassung, dass Bonn mit Blick auf Unwetter und die Versiegelung immer weiter verdichtet werden könne. Bräutigam widersprach Schmitts Darstellung bezüglich des Bauprojektes am Rosental: In dem Fall habe es eine Befreiung gegeben, weil es sich um eine Lückenbebauung zweier kleiner Häuser handele. "Wir stellen Anträge ganz transparent", betonte er. Im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften habe die Verwaltung hier die Möglichkeit gehabt, über eine Befreiung das Bauprojekt zu genehmigen. Bräutigam ist froh darüber: "Wenn die Verwaltung gesetzliche Spielräume nicht nutzen darf, würden noch weniger Neubauwohnungen zur Verfügung stehen."

Bei der Frage von Moderator Willcke, wie man in der verfahrenen Situation Wohnraum schaffen könne, sagte Planungsexperte Limbach: "Wir müssen grundsätzlich Parameter schaffen, damit Investoren hier bauen". Limbach rät davon ab, restriktiv Baupläne unter der Maßgabe aufzulegen, "30 Prozent geförderten Wohnraum zu schaffen". Damit werde die Situation "weiter verengt". Auch über die Auto-Stellplatzregelung könne man nachdenken. Die brennt auch Vebowag-Prokurist Eckert "unter den Nägeln": "Wir brauchen keine Stellplätze, weil wir immer mehr ältere Mieter haben." Ohne diese Regelung weg könne man die Kosten für Bauvorhaben erheblich senken.

Marcel Schmitt kann sich durchaus eine Umsetzung des "Hamburger Modells" in Bonn vorstellen. Wie bereits berichtet, werden dabei Grundstücke etwa nicht mehr zu Höchstpreisen vergeben, und die Politik plant vorher, was auf dem Grundstück entstehen soll. Aber der Politiker schränkte ein: "Für eine Baulandbevorratung müsste die Stadt Geld in die Hand nehmen. Woher soll das kommen? Die Stadt ist im Prinzip pleite."

Für den Wohnungsbauexperten Bräutigam müsste sich in einem anderen Bereich etwas tun: "Es wird oft Politik gemacht, bevor überhaupt ein Plan fertiggestellt ist." So komme es gar nicht erst zur Einleitung eines gesetzlichen Planungsverfahrens und auch zu keiner vorgeschriebenen Bürgerbeteiligung. Bräutigam schlägt daher vor, frühzeitig zu verhindern, dass Projekte in die Mühlen von Eingaben und Protesten geraten. Stattdessen will er mit Planungspolitikern sprechen: "Und zwar was bei welchem Projekt machbar ist, und was nicht." Schließlich, so Bräutigam weiter, mache die Verwaltung das, was die Politik will.

Dieses Angebot aufgreifen will CDU-Stadtverordneter Reinhard Limbach. Er erklärte sich spontan dazu bereit, mit seinen Kollegen vom Planungsausschuss zu sprechen und vorzuschlagen, Bräutigam einzuladen: "Meine Fraktion wird ihn ansprechen." Dagegen hatte auch Marcel Schmitt vom Bürger Bund Bonn nicht viel einzuwenden. Allerdings wollte er wissen, warum Bräutigam "das nicht bisher schon so gemacht hat?" Ganz klar ist für Schmitt, dass man es "mit einer Bringschuld der Investoren" zu tun hat. Würde es zu einer Art Konsens zwischen Parteien und Investor kommen, versprach Mirco Theiner vom Mieterbund, bei entsprechenden Bürgereingaben gegen das Vorhaben "Unterstützung bei der Einigung zu leisten".

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