Bonner Geschichtenwettbewerb Alles für dich - Ilham

Die Geschichte aus Malaysia belegte den ersten Platz "International" beim Bonner Geschichtenwettbewerb AbraPalabra.

 Wilderer bedrohen den Sibirischen Tiger.

Wilderer bedrohen den Sibirischen Tiger.

Foto: dpa

Ich stehe vor dem Spiegel. Wie immer beginne ich meinen Tag mit gemischten Gefühlen: Angst und Traurigkeit, aber auch Stolz und Pflichtgefühl.

Es begann alles vor langer Zeit... Ich war damals zehn Jahre alt. Ich lebte in einem kleinen malayischen Dorf namens Kampung Tuah. Dieses Dorf war ganz nah an einem Dschungel. Es war an einem heißen Nachmittag, als meine Mutter schimpfte. "Geh nicht mehr in den Dschungel!", brüllte sie. Ich log: "Ja Mama, ich gehe nicht mehr in den Dschungel, okay?" "Hör zu, ich gehe jetzt arbeiten für zwei Stunden, bleib schön im Haus", bestimmte meine Mutter ernst.

Als meine Mutter arbeitete, schlich ich mich aus dem Haus und ging in den Dschungel. Wenn ich in den Dschungel wollte, musste ich mit einem "Sampan", einem kleinen Kanu über den Fluss fahren. Ich fütterte dabei immer die Fische. Ich wusste, dass es gefährlich war, aber ich liebte es, in den Dschungel zu gehen.

Es gab im Dschungel viele Tiere, zum Beispiel: Schlangen, Tapire, Affen und ganz verschiedene Insekten. Die vielen Vögel zwitschern zu hören, den Geruch von Blumen zu riechen und die vielen schönen Tiere zu sehen, liebte ich sehr.

Plötzlich sah ich einen riesigen Tiger. Mein Herz klopfte zehnmal schneller als sonst. Ich wäre fast in Ohnmacht gefallen. Ich hoffte, dass der Tiger mich schnell und schmerzlos auffressen würde. Doch nichts passierte. Der Tiger schaute mich mit großen Augen an. Ein paar Augenblicke später drehte sich der Tiger um und lief weg. Ich rannte so schnell wie möglich nach Hause. Abends lag ich im Bett und konnte nicht glauben, was an dem Tag passiert war. Die ganze Nacht lang dachte ich an den schönen Tiger.

Sein schwarz-orange-farbenes Fell war so strahlend in der Sonne. Der Tiger hatte schöne große, runde Augen. Ich hatte noch nie so etwas Schönes gesehen. Am nächsten Morgen musste ich den Tiger wieder sehen. Anschließend nannte ich den Tiger Ilham. Für die nächsten paar Monate schlich ich mich aus dem Haus, um den Tiger zu beobachten. Manchmal sah ich ihn am Fluss Wasser trinken oder seine Beute fangen. Das ging eine Weile lang.

Eines Tages war ich im Dschungel und sah Ilham mit drei Tigerbabys. Ich war ziemlich überrascht. Ilham war ein Mädchen? Ich dachte: "Jetzt habe ich mich schon an den Namen gewöhnt, dass ich den Namen nicht mehr ändern kann." Seitdem ich die Tigerbabys gesehen hatte, wurden meine Gefühle für den Tiger noch stärker ...

An dem schrecklichen Tag ging ich wieder in den Dschungel und hatte irgend ein schlechtes Gefühl. Alles war so leise. Dann stand ein Mann vor meinen Augen, neben Ilhams totem Körper. Ich versteckte mich hinter einem Busch. Ich bekam Tränen in die Augen und hielt mir den Mund zu. Ich konnte es nicht akzeptieren, Ilham tot auf dem Boden zu sehen. Augenblicke später ging der Mann mit Ilham weg. Ich trat hervor und war zu erschrocken, um einen Ton von mir zu geben.

Blitzschnell rannte ich zu meinen Eltern und erzählte ihnen alles. Sofort riefen meine Eltern die Polizei und die Behörden an. Traurig ging ich in mein Zimmer. Ein paar Stunden später kam ein Polizist und versicherte: "Der Wilderer wurde gefunden und ins Gefängnis gesteckt und die Tigerbabys wurden in Sicherheit gebracht." Der Polizist legte seinen Arm über meine Schulter und flüsterte "Gut gemacht Maya - und es tut mir so leid".

Zwölf Jahre später stehe ich vor dem Spiegel und ziehe meine Wildschützeruniform an. "Alles für dich - Ilham", murmele ich stolz, als ich aus der Tür gehe.

Deutsche Schule, Kuala Lumpur, Malaysia, Klasse 4

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