40 Jahre GA-Wandertag Im Jagdrevier des Kurfürsten

Kottenforst · In diesem Jahr wird der GA-Wandertag 40 Jahre alt. Aus diesem Grund zeigt der GA noch einmal die schönsten Wandertags-Touren. Dabei wandelt der GA auch auf den Spuren von Kaiser Wilhelm II, der sein Studium in Bonn absolvierte.

Die Wege um Kottenforst erfreuen sich großer Beliebtheit.

Die Wege um Kottenforst erfreuen sich großer Beliebtheit.

Foto: Hans-Peter Fuß

Wie im Urlaub. Anni und Oswald John sitzen auf der kleinen Plattform in der Nähe der Waldau am Rande des Kottenforstes. Die Rentner aus Ippendorf spazieren jeden Tag zu diesem Aussichtspunkt und genießen das sommerliche Wetter und den Blick über das satte Grün der Weiden um den Annaberger Hof. Vor ihnen, in einem Tümpel, quaken die Frösche. Anni John schützt sich mit ihrem Schirm gegen die erstaunlich kräftige Frühlingssonne. „Das ist für uns wie Urlaub“, wiederholen die Eheleute.

Da wollen wir nicht widersprechen. Der Einstieg in die Strecke des GA-Wandertags von 2002 liegt 500 Meter hinter uns. Leider können wir das Haus der Natur auf der Waldau nicht besuchen. Es wird das ganze Jahr 2017 über umgebaut. Immerhin können Kinder auf dem weitläufigen Spielplatz nach Herzenslust klettern.

Der „Weg der Artenvielfalt“ bietet jede Menge Informationen über die Natur auf der Waldau: Da steht eine Vogelbeobachtungshütte am Wegesrand, Tafeln beschreiben die Bäume, in einem Unterstand wird die Funktion des Laubes im Kreislauf der Natur erklärt. Auf der Waldau leben Waldkäuze, Fledermäuse, Damwild, Dachse, Erdkröten und Ringelnattern. Im nahen Wildgehege trifft man auf Damwild und Wildschweine.

Wir staunen über bizarr gewachsene Buchen, 250 Jahre alte Eichen und Buschwindröschen, die auf dem Waldboden grün-weiße Teppiche bilden und den Wegesrand säumen. Kurfürst Clemens August ließ um 1750 herum das Wegenetz im Kottenforst bauen, auf dem wir uns heute bewegen. Allerdings hatte er nicht in erster Linie den Wanderer im Sinn, sondern die Jagd. Auf den breiten Schneisen waren nun Hetzjagden zu Pferde möglich. An ein solches Vergnügen (für die Jäger, weniger für das Wild) war zuvor im kaum erschlossenen und sumpfigen Kottenforst nicht zu denken.

Der Weg führt uns weiter am Annaberger Feld entlang, durch Mischwald und dunklen Nadelwald zum Roten Kreuz an der Kreuzberger Allee. Dort befindet sich keine Rettungswache, sondern ein rotes Holzkreuz aus dem 17. Jahrhundert, das der heiligen Familie und den Aposteln Matthias und Johannes gewidmet ist. Die Allee ist asphaltiert und wird daher nicht nur von Wanderern gerne genutzt. Dort begegnen sich Radfahrer und Reiter, Skater und Jogger. Martin Konrad und Katharina H. sind mit dem Rad unterwegs. Im Anhänger haben die beiden Bonner ihren zweijährigen Sohn Milan im Schlepptau. Sie sind oft auf der Waldau unterwegs und schätzen die guten Radwege. „Besonders gefällt uns aber die Ruhe hier“, sagt Martin Konrad. Sie wollen noch zum Wildgehege, denn der kleine Milan mag Tiere.

Die Kreuzberger Allee trifft auf die Venner Allee, die leicht abschüssig ist und daher Radfahrern hohes Tempo ermöglicht. Also Vorsicht! Am Veritaskreuz vorbei geht es zu einer „Autobahn“ für Wanderer und Radler, zum breit ausgebauten, asphaltierten Professorenweg. Er kreuzt die Villiper Allee und führt zum Jägerhäuschen, an dem schon ein wenig der knallgelbe Putz bröckelt. Dort konnten die Teilnehmer der kurfürstlichen Jagdgesellschaften früher ihre Pferde wechseln. Denn die Hetzjagden verlangten von den Tieren einiges ab.

Eine Wandergruppe lässt sich auf den Holzmöbeln vor dem Häuschen nieder. Während die Leute ihren Proviant verputzen und etwas trinken, erläutert der Wanderführer die Geschichte dieses Ortes. Dazu gehört auch die Kaisereiche, die recht unspektakulär am Wegesrand steht. Wäre da nicht der Gedenkstein an der Wurzel, man würde an dem Baum glatt vorbeilaufen und nicht erfahren, wer ihn einst gepflanzt hat. Es war nämlich Seine Königliche Hoheit, Prinz Wilhelm von Preußen, der „allerhöchst eigenhändig“, wie der Steinmetz in Stein gemeißelt hat, zur Tat geschritten war.

Der spätere Kaiser Wilhelm II. griff am 19. Juli 1879 zum Spaten und steckte die noch junge deutsche Eiche in den Waldboden, „im Andenken an die im hiesigen Reviere genossenen Waidmannsfreuden“. Denn bei der Jagd im Kottenforst suchte der Prinz Erholung vom Studium an der Bonner Uni, das er 1877 aufgenommen hatte. Er belegte Rechts- und Staatswissenschaften und besuchte Vorlesungen in Geschichte, Philosophie, Kunstgeschichte und Naturwissenschaften.

Ob der Prinz auch am Teich in der Nähe des Jägerhäuschens die Füße ins Wasser getaucht hat? Dort treffen wir Michael und Kathy Hauschild aus Meckenheim. Vater und Tochter sind mit dem Rad auf dem Weg nach Bonn und legen eine kleine Pause ein. „Hier ist es einfach schön, das Wegenetz ist gut, und auf den viele Infotafeln erfährt man viel über die Natur im Kottenforst“, sagt Michael Hauschild, während sich eine Gans vor ihm aufplustert.

Bei der Überquerung der stark befahrenen L 261 sollte der Wanderer große Vorsicht walten lassen. Denn viele Autofahrer sind recht zügig unterwegs und rechnen nicht mit kreuzenden Fußgängern. Am Rehsprungmaar hat das Forstamt einen Tümpel für Amphibien ausgebaggert. Noch wirkt das Loch wie eine hässliche Baugrube. Doch bald wird die Vegetation sich ihr Stück Natur zurückholen und den Tieren Schutz bieten.

In Richtung Volmershoven verlassen wir den Wald und passieren den mächtigen Sendemast, in dessen Schatten ein paar Ziegen herummeckern. Im Ort fallen die vielen Fachwerkhäuser auf. Wir erreichen bald die Kiesgrube an der Schmalen Allee, das Wasser des Baggersees schimmert türkisblau. Man würde sich gerne dort unten im See abkühlen, aber das Betreten des Betriebsgeländes ist natürlich verboten. Im Wald westlich der Schmalen Allee begegnen uns einige Reiter. Louisa Stippler weist uns hoch zu Ross auf Browny den rechten Weg nach Buschhoven, denn an einer Gabelung sind wir unschlüssig, wohin wir unsere Schritte lenken sollen.

Mittlerweile melden sich die Füße und fordern eine Pause. Recht haben sie. Denn die beiden Freunde haben schon 14 Kilometer hinter sich. Eine Einkehr bietet sich in der Waldschänke an. Dort, wo die Schmale Allee auf die B 56 trifft, führt Christine Schwarz das Lokal mit Biergarten seit zehn Jahren. Sie serviert dem Wanderer saisonale Gerichte, Kaffee und Kuchen sowie Erfrischungsgetränke aller Art.

Einen Kilometer weiter, in Buschhoven, bietet Rolf Fuhs im Traditionsgasthaus „Zum Römerkanal“ kleine und große Stärkungen aus seiner gutbürgerlichen Küche an. Besonders Schnitzelfreunde kommen auf ihre Kosten. An warmen Tagen öffnet der Wirt seinen Biergarten hinter dem Lokal.

Von Buschhoven geht es zwischen Pferdekoppeln hindurch, vorbei an der Eselsmaar-Ranch, zur nächsten Kiesgrube. Dann tauchen wir wieder ein in den schattigen Wald und wandern über den breiten Jagdweg zum Bahnhof Kottenforst. Nach gut fünf Stunden und exakt 19,5 Kilometern sind wir am Ziel und lassen uns von Küchenchef Tobias Selz Folienkartoffeln mit Salat und Apfelschorle servieren. Die hätten auch dem Prinzen von Preußen nach der Jagd sicherlich gut geschmeckt.

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