40 Jahre GA-Wandertag Zum Glück gibt es das Ländchen

Drachenfelser Ländchen · In diesem Jahr wird der GA-Wandertag 40 Jahre alt. Aus diesem Grund zeigt der GA noch einmal die schönsten Wandertags-Touren. Diesmal geht es auf einen Rundkurs durch Wachtberg, wo der Wanderer Natur pur erleben und an vielen Sehenswürdigkeiten vorbeikommen kann.

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Ob aus Bonn oder der Region kommend: Das Drachenfelser Ländchen hat für Wanderfreunde den Charme, dass es ohne weite Anreise schnell erreichbar ist. Gerade sonntags bei schönem Wetter, wenn sich die Autos auf dem Weg in die größeren und bekanntere Wandergebieten an Rhein und Ahr erfahrungsgemäß stauen. Also nichts wie auf, die Wanderstiefel schnüren und dann geht es schon los. Der General-Anzeiger hatte vor 16 Jahren zum Wandertag durch das Drachenfelser Ländchen eingeladen. Seither hat sich dort viel getan. Vor allem in den Ortschaften der Gemeinde Wachtberg, die besonders bei jungen Familien mit Kindern beliebt sind. Viele neue, vor allem hübsche Wohnsiedlungen sind seither entstanden.

Der Wanderparkplatz am Beckers Kreuz gegenüber der Pferdeklinik Kottenforst ist ein idealer Ausgangspunkt für eine Rundwanderung, zumal man ihn nicht nur gut mit dem Auto, sondern auch mit dem Linienbus erreichen kann. Apropos Pferde: Wachtberg gilt als einer der Standorte mit der größten Pferdedichte in ganz Deutschland. Deshalb muss man sich auch nicht wundern, wenn man auf dem Weg über Villiprott, Pech, Gimmersdorf an Berkum vorbei über Holzem nach Villip immer wieder Reiterinnen und Reitern begegnet.

Etwa 15 Kilometer lang ist unser Weg, für den man sich mit Pausen eingerechnet mindestens vier Stunden Zeit nehmen sollte – wenn nicht sogar mehr. Denn es gibt viel zu sehen unterwegs. Allein die Kirchen und Kapellen aus unterschiedlichen Epochen, die in der Gemeinde Wachtberg vom tief verwurzelten Glauben der Menschen zeugen, lohnen einige Abstecher und auch Umwege.

Ein besonderer Reiz des Drachenfelser Ländchens liegt vielleicht auch daran, dass man von verschiedenen Stellen aus immer wieder einen schönen Blick auf das auf der anderen Rheinseite gelegene Siebengebirge hat und bei klarer Sicht den Petersberg und den Drachenfels gut erkennen kann. Vor allem vom 258 Meter hohen Wachtberg aus, der Namensgeber und Mittelpunkt der Gemeinde ist. Allerdings: Mit diesem Ausblick hat die Bezeichnung „Drachenfelser Ländchen“ nichts zu tun. Den Historikern zufolge stammt sie von den Rittern von Drachenfels, denen das Gebiet rund um den Wachtberg einst gehörte.

Vom Wanderparkplatz führt ein kurzer Weg durch den Kottenforst nach Villiprott, vorbei am Gasthaus Waldesruh neben der Försterei Schönwaldhaus. Das Wirtshaus mit Biergarten bietet sich am Ende des Rundwegs zur Einkehr an. Aber auch unterwegs, in den Dörfern, finden sich immer wieder nette Gaststätten, in denen man sich erfrischen und stärken kann. Trotzdem sollte man eine ausreichende Ration Wasser immer im Rucksack dabei haben und für alle Fälle natürlich auch etwas zu Essen.

Weiter geht es auf dem Wanderweg in Richtung Pech. Ein Dorf, in dem die Moderne und das Historische nahe beieinanderliegen und sich optisch erstaunlich gut vertragen. Auf der einen Seite schicke Architektenhäuser mit viel Glas, auf der anderen Seite entlang der Pecher Hauptstraße liebevoll gepflegtes und sorgsam restauriertes Fachwerk. Immerhin mehr als 2600 Einwohner zählt das einstige Bauerndörfchen, in dem sich auch gerne die Prominenz niederlässt, wie etwa der im vorigen Jahr verstorbene ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Und wenn man schon Pech heißt, was liegt da näher, als für sein Dorf mit dem pfiffigen Spruch zu werben: „Zum Glück gibt es Pech“.

Von Pech aus geht es weiter Richtung Gimmersdorf. Von der Höhe gelangt man durch einen Hohlweg hinunter zur Pecher Hauptstraße und quert über eine Brücke den Bad Godesberger Bach und die L 158. Immer der Nase nach geht es zunächst entlang der Seibachstraße auf einen Wirtschaftsweg, der über die Felder vorbei an Bauernhöfen und Pferdekoppeln gen Gimmersdorf führt. Ein angenehmer Weg mit Blick über das Heltenbachtal und gut zu bewältigender leichter Steigung, bei dem auf der einen Seite der Wald Schatten spendet und auf der anderen Seite der Blick über Getreidefelder in die Ferne schweifen kann.

Wer dem Dörfchen Gimmersdorf einen Besuch abstatten will, der kann im Ortskern historische Gebäude entdecken, die zum Teil aus den lokalem Gesteinsarten wie Trachyt oder Basalt errichtet wurden. Sehenswert ist auch die kleine barocke Kapelle im Ort. Sie wurde 1713 erbaut und ist dem Heiligen Joseph geweiht.

Wer noch Zeit für einen zusätzlichen Abstecher hat, kann von Gimmersdorf aus gut zwei Kilometer weiter zum Dächelsberg laufen, der wie der Stumpeberg oder Wachtberg vulkanischen Ursprungs ist. 1984 wurde der einstige Steinbruch am Dächelsberg unter Naturschutz gestellt. Er gehört heute zu den bedeutendsten Reservaten der Region, in dem viele gefährdete Tier- und Pflanzenarten gut gedeihen können. Springfrösche, Zauneidechsen und Schlingnattern, Kleinspechte, Nachtigallen und Teichrohrsänger, Tauben-Skabiosen, Salomonsiegel und Golddisteln finden sich unter anderem auf der Liste der Nabu-Kreisgruppe Bonn, deren Mitglieder der Kreisverwaltung bei der Erhaltung und der Pflege des Naturschutzgebiets seit Jahrzehnten mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ein neuer Aussichtsturm ermöglicht zudem einen guten Blick über die Landschaft und vor allem in den Vulkankrater.

Das Radom erinnert an einen überdimensionierten Golfball

Der Rundweg von Gimmersdorf aus führt uns über die K57 auf einen Teil der sogenannten Hümerich-Runde weiter in Richtung Berkum, wo am Horizont die riesige silberweiß schimmernde Radarkugel des Fraunhofer-Instituts zu sehen ist. Wenn die Luft dunstig ist, wirkt das Radom beinahe wie ein Raumschiff von einem anderen Stern. Andere denken eher an einen überdimensionierten Golfball. Es handelt sich um die Wetterschutzhülle des größten Weltraumbeobachtungsradars, das bei gutem Wetter über 50 Kilometer weit zu sehen ist. Der riesige Parabolspiegel beobachtet Satelliten, Raketen und Weltraumschrott.

Kurz bevor wir das Altenpflegeheim Limbachstift erreichen, biegen wir auf den Weg in Richtung Grillplatz Sankt Florian ein und wandern dort am Tennisclub Wachtberg vorbei zur Burg Odenhausen – eine zweiteilige Wasserburg, die in Privatbesitz ist. Von der offensichtlichen Liebe des Eigentümers zu Großbritannien zeugen eine englische Telefonzelle und der typisch rote Briefkasten vor dem Burgeingang. Es geht nun auf die letzte Etappe in Richtung Wachtberg, der 258 Meter hoch ist und der Gemeinde den Namen gab. 1921 wurde dort ein Kriegerdenkmal errichtet. Unser nächstes Ziel: Die kleine Ortschaft Holzem. Dort lohnt ein Blick auf die St. Johannes Nepomuk-Kapelle, 1744 vom berühmten Tenorsänger Anton Raaff gestiftet. Am Ende der Wanderung gibt es noch eine Burg zu besichtigen: Burg Gudenau, die zu den besterhaltenen rheinischen Wasserburgen zählt und deren barocke Gartenanlage und Teile der Burggrabenmauern bei der Flutwelle im vorigen Jahr leider stark beschädigt wurden. Auch diese Burg befindet sich in Privatbesitz.

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