Geheime Gärten in der Südstadt Ziergärten und Dschungel hinter Altbau-Fassaden

SÜDSTADT · Die Bonner Südstadt ist vor allem für ihre Gründerzeithäuser bekannt. Ob Weber- oder Kaiserstraße, Ermekeilstraße oder Venusbergweg: Wohin das Auge des Flaneurs blickt, reiht sich eine reich dekorierte Altbau-Fassade an die nächste. Die Architektur steht im Vordergrund.

 Die Vielfalt reicht vom verwunschenen Hausdschungel...

Die Vielfalt reicht vom verwunschenen Hausdschungel...

Foto: Johanna Heinz

Ganz anders sieht die Sache von oben aus: Wer einmal einen Blick aus dem Flugzeug auf die Südstadt geworfen hat oder einfach dank der Satellitenbilder von Google Earth virtuell über sie hinweg geflogen ist, weiß: Hinter den Fassaden, in den Hinterhöfen, ist das Gründerzeit-Viertel grün.

Jedes Karree ist im Innern mit Wiese, Gärten und Bäumen angefüllt. Und wer einmal die Gelegenheit bekommt, durch die Gartentür hinter die bürgerlichen Großstadtvillen zu treten, findet sich dort, mitten in der Stadt, in schmalen, von Mauern umgebenen Ziergärten, in verwunschenen Dschungeln, auf großzügigen Spielwiesen und sogar in ausgewachsenen Parkanlagen wieder.

Schön, aber alles sehr zugebaut - das habe sie beim Gang durch die Südstadt gedacht, als sie 1990 nach Bonn kam, erzählt die Pfarrerin der Lutherkirche, Ulrike Veermann. "Aber seitdem staune ich immer wieder, was es hinter den Häusern alles zu entdecken gibt."

Staunen, das sei auch meist die Reaktion der Menschen, wenn sie Besuch bekomme. Denn hinter ihrem Pfarrhaus an der Lutherkirche, das in den 70er Jahren in den Häuserblock zwischen Kurfürstenstraße und Reuterstraße gebaut wurde, versteckt sich mehr Grün, als der Blick von der Straße vermuten lassen würde.

"Ich bin eher eine Gartengenießerin als eine Gartenarbeiterin", sagt Veermann. Deshalb ist ihr grünes Reich recht einfach und pflegeleicht gehalten. Von der Terrasse erstreckt sich eine Wiese, die an einer riesigen Birke endet. Besonders hängt Veermanns Herz an dem weißen Hibiskus, einst ein unscheinbares Pflänzchen, das ihre Mutter geschenkt bekam und nicht behalten wollte - heute ein üppiger Busch mit unzähligen weißen Blüten.

Und an der roten Rose, die sie als Dankeschön von den Teilnehmern einer Seniorenfahrt geschenkt bekam. Von der Terrasse aus ist die Turmspitze der Lutherkirche zu sehen. Wer den Blick rundherum schweifen lässt, glaubt sich in eine Vorstadtsiedlung versetzt, schließt sich doch direkt an Veermanns grünes Reich der Garten des zweiten Pfarrhauses an. Auch das benachbarte Gemeindezentrum und das Jugendhaus bietet Rasenfläche zum Spielen und gemütlichen Beisammensein. Komplettiert wird das Grüngürtel-Flair durch einen neu angelegten Grillplatz.

Einen typischen Südstadt-Garten haben Anke Helmbrecht und ihr Mann Klaus-Peter Müller in der Ermekeilstraße liebevoll in Szene gesetzt. Der schmale, rund 60 Quadratmeter große Streifen ist an der linken Seite zum Nachbargrundstück durch eine zwei Meter hohe Mauer abgegrenzt.

Zu Kugeln geschnittene Buchsbäume sorgen das ganze Jahr über für Farbe. "Wenn im Juni die Rosen zu blühen beginnen: Das ist besonders schön", sagt Klaus-Peter Müller. Für die Gestaltung des Gartens ist seine Frau verantwortlich. Sie hat dafür gesorgt, dass die Stauden gestaffelt im Rhythmus der Jahreszeiten blühen.

Das Beet auf der linken Seite wird rechts durch Terracotta-Töpfe ergänzt, in denen ebenfalls Funkien, Rosen und Clematis stehen. "Die Terrasse ist für uns eine Art zusätzliches Sommerzimmer", sagt Müller. Im Winter genießen beide den Blick aus dem Wohnzimmer direkt in den Garten.

Mehr Park als Garten ist die 1700 Quadratmeter große Anlage des Maria von Soden-Heims am Venusbergweg, das von der DRK-Schwesternschaft Bonn betrieben wird. Ein breiter, mit großen, ebenen Steinen gepflasterter Weg führt einmal um die große Rasenfläche herum. Weiße Bänke, zum Teil im Schatten von hochgewachsenen Nadel- und Laubbäumen, laden zum Verweilen ein.

"Für unsere Bewohner, die ja oft nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs sind, ist der Garten sehr wohltuend", sagt Oberin Lioba Brockamp. Etwas versteckt, auf der anderen Seite des Heims, liegt der alte Teil des Gartens. Die dort wachsenden mehr als 100 Jahre alten Buchen und Eichen stehen unter Denkmalschutz.

Bevor die DRK-Schwesternschaft die ehemalige Villa am Venusbergweg 1948 bezog und bevor in den 60ern Verwaltungstrakt und Heim angebaut wurden, war das Haus von den Amerikaner besetzt. Davon zeugt noch heute eine tief in die Eichenrinde eingeschnitzte Liebesbotschaft: ein Herz, "USA", "1945".

Gepflegt wird der Park vom Gartenbaubetrieb der Lebenshilfe. "Es ist schön, dass wir so Menschen mit Behinderung unterstützen können, einer Arbeit nachzugehen", sagt Oberin Brockamp. Ein buntes Blumenbeet, eingefasst von großen Kieselsteinen, haben die Bewohner des Heims selbst angelegt.

Ganz anders sieht es hinter Johannes Krings Jugendstilvilla in der Kaiserstraße aus. Wer hinter dessen berühmtem Wohnraum-Studio für Musik-Kultur und spanische Weine brav gestützte Buchsbäume und rechtwinklig angelegte Zierbeete vermutet, wird eines besseren belehrt. Verschlungene Wege führen entlang der von Kletterpflanzen umrankten Walnussbäume und durch wilde Bambuswäldchen.

Ringsherum wuchern Bananen, chinesische Pfingstrosen und immergrüne Clematis, dazwischen aus Autoreifen gebastelte Vögel, Katzen aus Ton und gefiederte Kunststoff-Papageien. Versteckte Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. An Mauern lehnende Spiegel lassen das Gelände noch verwinkelter erscheinen.

In den vergangenen 25 Jahren hat Krings auf rund 1000 Quadratmetern Pflanzen aus aller Welt angesiedelt, viele davon hat er eigenhändig von seinen Spanien-Reise mitgebracht. "Es ist wie bei einem Maler - ein künstlerischer Prozess", beschreibt Krings sein Wirken im eigenen Garten. Im kreativen Chaos vergisst der Besucher leicht, dass dieser "Hausdschungel" sich mitten in der Bonner Südstadt befindet.

Info: Krings Garten kann besichtigt werden. Termine nach Vereinbarung unter der Rufnummer 0228/22 27 19.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort