So schmeckt Bonn Eine kulinarische Entdeckungsreise

BONN · Ganze Großfamilien erfüllen sich in einer Halle in Bad Godesberg Kinderträume. Dort sieht es aus wie früher beim Discounter. Aber in den riesigen Kartons und den großen Plastikeimern wartet ausschließlich Süßes - Weingummi, Lakritze und Marshmallows. Sechs Tage die Woche lädt das Bonner Traditionsunternehmen Haribo ein ins Gummibärchen-Outlet.

Dabei hatte alles so winzig angefangen, mit einem "Sack Zucker, einer Marmorplatte, einem Hocker, einem gemauerten Herd, einem Kupferkessel und einer Walze". Hans Riegel legte 1920 in Kessenich den bescheidenen Grundstein für das heutige Süßwaren-Imperium Haribo. Inzwischen braucht es 15 Standorte in zehn europäischen Ländern, um Kinder und Erwachsene froh zu machen.

Von den Bärchen zu Beethoven ist es in Bonn nicht weit. Die Unternehmerin Aimée Eisele hat eine Praline mit dem Konterfei des Komponisten auf den Markt gebracht und beliefert mit der Mozartkugel auf Bonner Art unter anderem das Beethoven-Haus und das Café Müller-Langhardt.

Nach so viel Süßem verlangt es den Magen nach Herzhaftem. Denjenigen, die selber kochen wollen, empfiehlt die Bonner Slow-Food-Gruppe den Ökomarkt am Bonner Münster, auf dem es jeden Mittwoch und Samstag regionale Bioprodukte aus Bornheim und Zülpich, aus Hennef und Düren zu kaufen gibt.

Wer sich lieber bekochen lassen möchte, dem empfiehlt Inge Hohl, stellvertretende Vorsitzende der Bonner Slow-Food-Freunde, das Gasthaus Nolden. Reibekuchen, Rouladen, Sauerkrautsuppe und Sauerbraten vom Pferd: Unterm Strich tatsächlich sehr rheinisch, aber irgendwie nicht typisch bönnsch.

Echte Bonner Spezialitäten müsste es eigentlich im Brauhaus "Bönnsch" geben. Doch auf Anhieb unterscheidet sich die Karte auch dort nicht von anderen rheinischen Brauhäusern: Ganz oben steht der Halve Hahn, gefolgt von Flönz-Carpaccio, Kasseler Sülze, Himmel un Äd, Reibekuchen mit Lachs und natürlich Rheinischem Sauerbraten.

Der "Bönnsch Burger" ist ebenso wenig eine Weltneuheit wie die Bönnsche Currywurst, trotz ihrer Veredelung durch Kräuter der Saison. Der Bönnsche bunte Salat wird mit gebratenen Rumpsteakstreifen und Champignons in Worcestersauce serviert. Very british, aber nicht bönnsch.

Erst auf den zweiten Blick entdeckt man auf der Karte etwas Spezielles: den original bönnschen Brotlaib. Ofenwarm kommt das - laut Karte mit Bönnscher Braugerste angereicherte - Sauerteigbrot in Begleitung von Griebenschmalz auf den Tisch.

Sehr speziell ist auch der bönnsche Flammkuchen, denn die Bonner Variante ist mit Blutwurst und Sauerkraut belegt. Gottlob schmeckt der Flammkuchen wesentlich besser, als er aussieht.

So richtig aus Bonn kommt das selbst gebraute Bier des Brauhauses "Bönnsch". Interessierte Trinker können per Brauhausführung erfahren, wie die Sorten "Bönnsch hefetrüb" und "Bönnsch natürlich" hergestellt werden. Serviert wird das Getränk im eigenen Bönnsch-Gläsern, die aussehen wie Kölschgläser mit Griffmulden. Ganz ehrlich: Das Bönnsche Bier schmeckt für den Laien nicht viel anders als das Kölner Nationalgetränk.

Wer in Bonn mit Bier nichts anfangen kann, greift eventuell gerne zum Likörgläschen. Schließlich wird der global getrunkene Verpoorten-Eierlikör hier hergestellt. Das Bonner Unternehmen produziert den Likör seit 1876. Heute werden täglich rund 1,3 Millionen Eier zum gelben Klassiker verquirlt. Das Traditionsunternehmen lässt sich einiges einfallen, um dem rund 140 Jahre alten Getränk ein modernes Gesicht zu geben. "Mit Verpoorten den Sommer genießen! Mädelsparty..." heißt es etwa auf der Internetseite.

Rezepte für Kuchen und Torten mit Eierliköranteil muten noch ziemlich traditionell an, schon weniger bekannt dürfte Eierlikör in Reisspeisen sein. Der wohl ungewöhnlichste Verwendungstipp: Man nehme Essig, Sahne, süßen Senf plus Eierlikör - fertig ist eine Salatsauce. Ob das Firmengründer Eugen Verpoorten gefallen hätte?

Von Köln nach Bonn: Studenten der Kölner Journalistenschule sind für den GA in Bonn und der Region unterwegs. In lockerer Folge stellen wir ihre Reportagen vor.

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