Kapitalismuskritik im Kino So ist der Film "Der unverhoffte Charme des Geldes"

Bonn · Denys Arcands Film „Der unverhoffte Charme des Geldes“ ist ein unterhaltsames, antikapitalistisches Schelmenstück. Alexandre Landry ist in der Hauptrolle zu sehen.

 Sie nennt sich Aspasia, nach der griechischen Philosophin: Maripier Morin als Escort-Dame.

Sie nennt sich Aspasia, nach der griechischen Philosophin: Maripier Morin als Escort-Dame.

Foto: dpa

"Ich bin zu intelligent, um erfolgreich zu sein", stellt Pierre-Paul (Alexandre Landry) ohne Eitelkeit, aber mit nüchternem Analysevermögen fest. Das abgeschlossene Philosophiestudium hat ihm eine Karriere als Paketfahrer beschert, und seine Fähigkeit, die Abgründe dieser Welt in ihrer Komplexität erfassen zu können, sorgt für berechtigte Depressionen. Der junge Mann ist nicht nur zu klug, um glücklich zu sein, sondern vor allem auch zu gut für diese Welt.

Von seinem spärlichen Lohn landet ein beträchtlicher Teil in den Pappbechern der Obdachlosen, die in seiner Heimatstadt Montreal omnipräsent sind und ihn mit Namen kennen. Eines Tages gerät der Kurier beim Ausliefern in eine Schießerei. Zwei Gangster sterben am Tatort, ein dritter flüchtet schwer verletzt. Zurück bleiben zwei große Reisetaschen mit ungewaschenen Drogengeldern, die Pierre-Paul in einem unerwarteten Mutanfall einlädt, bevor die Polizei herannaht.

Aber was tut ein kluger, guter Kerl wie dieser mit so viel Geld? Zunächst einmal muss er aufpassen, dass es ihm nicht wieder weggenommen wird. Die polizeilichen Ermittler sind misstrauisch, und die kriminellen Vorbesitzer kommen ihm ebenfalls langsam auf die Schliche. Deshalb heuert Pierre-Paul den einschlägig vorbestraften Buchhalter Sylvain (Rémy Girard), genannt „The Brain“, an, der dem kriminellen Laien beim Umgang mit der Millionenbeute helfen soll. Dazu stößt Camille (Maripier Morin), die teuerste Escort-Dame der Stadt, die sich den Künstlernamen Aspasia verliehen hat – nach der griechischen Philosophin, die Sokrates und Sophokles in ihrem Salon empfangen hat und mit Perikles verheiratet war.

Pierre-Paul verfällt nicht nur ihren erotischen, sondern auch den intellektuellen Reizen der Edel-prostituierten. Natürlich hat Camille es genauso wie Sylvain auf das Geld abgesehen. Aber schon bald erkennen sie in Pierre-Paul ein gutes Herz, dessen Einfluss sie sich nicht entziehen können.

Mit „Der unverhoffte Charme des Geldes“ entwirft der frankokanadische Regisseur Denys Arcand ein sehr unterhaltsames, antikapitalistisches Schelmenstück. Das ungleiche Trio generiert eine lustvolle kriminelle Energie und interessante Beziehungsdynamik, auch wenn die Liebesgeschichte zwischen dem Philosophen und der Hure mit Herz aus dem Männer-Wunschvorstellungs-Baukasten stammt. Seinen anarchistischen Charme entwickelt der Film, indem hier die kapitalistischen Strukturen von Geldwäsche und Off-Shore-Accounts, wie sie etwa in den „Panama Papers“ ans Licht kamen, in eine Robin-Hood-Aktion umgedreht werden.

Mag sein, dass Arcands Kapitalismuskritik punktuell etwas zu offensichtlich ausformuliert wird, aber dem Zynismus der Verhältnisse einmal mit einer politischen Märchenfantasie zu begegnen, ist eine ebenso berechtigte wie sympathische Kinoidee.

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