Der Diktator wankt Marvel mit "Avengers - Infinity War" in der Filmkritik

Bonn · Der Film „Avengers – Infinity War“ bietet mehr als Kampfgemetzel und Insiderwitze. Josh Brolin brilliert als schillernder Bösewicht.

 Sind so viele Superhelden: Szene aus „Avengers: Infinity War“.

Sind so viele Superhelden: Szene aus „Avengers: Infinity War“.

Foto: AP

Weniger ist mehr ist eine Behauptung, die in den vergangenen Jahren von den Marvel-Studios konsequent widerlegt wurde. Mit bisher 18 Filmen – von „Iron Man“ (2008) bis hin zum aktuellen Kassenhit „Black Panther“ – hat „Marvel“ sich mit zahlreichen Kinoangeboten eine breite, treue Fanbasis herangezogen und damit Einspielergebnisse von insgesamt mehr als 14 Milliarden Dollar generiert.

Ganz vorn in der Erfolgsbuchhaltung lagen dabei die „Avengers“-Filme, die die firmeneigenen Superhelden miteinander antreten ließen. Nun holt Marvel mit „Avengers: Infinity War“ zum ganz großen Finale aus. Schaut man sich die rund 20 Superheroen an, die aufs Filmplakat gequetscht wurden, stellt sich schon vor dem Kinobesuch das Gefühl der Übersättigung ein.

Die Gefahr haben offensichtlich auch die Regie-Gebrüder Anthony und Joe Russo erkannt. Schon bald splitten sie das Heldenkollektiv in Kleingruppen auf und stellen ihm einen veritablen Bösewicht entgegen. Thanos nennt sich der riesenhafte Kerl unter dessen digitaler Hülle Josh Brolin agiert. Nachdem er mit ansehen musste, wie sein Heimatplanet durch die Folgen der Überbevölkerung zugrunde gerichtet wurde, sucht er einen Planeten nach dem anderen auf, um die Hälfte der Bewohner zu liquidieren, so dass der Rest in gewohnter Weise weiterleben kann.

Vernichtungsplan auf Universum ausweiten

Damit der selbst ernannte Erlöser seinen Vernichtungsplan auf das ganze Universum ausweiten kann, braucht er sechs magische Steine, deren vereinte Wirkung ihm unermessliche Kräfte verleihen. Zwei davon sind im Besitz der Avengers. Der Rest ist kreuz und quer übers Universum verteilt. Und so kämpfen die Avengers an verschiedenen Fronten gegen die Macht des Bösen.

Dabei entwickeln die Teambildungsprozesse einen guten Unterhaltungswert: Der Hi-Tech-Wissenschaftler Iron Man (Robert Downey Jr.) muss sich mit dem Magier Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) und Superhelden-Azubi Spider-Man (Tom Holland) zusammentun. Der durch Verlust von Familie und Heimatplanet gebeutelte Thor (Chris Hemsworth) gerät an die Spaßvogelbesatzung von „Guardians of the Galaxy“. Erst im Finale findet der Film nach Wakanda, wo Black Panther (Chadwick Boseman) und seine stolzen Kriegerinnen sich mit der gesamten Avengers-Belegschaft gegen den übermächtigen Feind stellen.

Die ausufernden Schauplatzwechsel mit rituellem Kampfgemetzel und jeder Menge Insiderwitzen würde wahrscheinlich ziemlich schnell ermüden, wäre da nicht ein schillernder Bösewicht, der die hektische Multi-Tasking-Dramaturgie zusammenhält. Josh Brolin gibt der Figur durch das hypermaskuline Pixelkostüm hindurch eine gewisse Grundmelancholie. Punktuell scheint sich der selbst deklarierte Erlöser der eigenen Wahnvorstellungen bewusst zu sein. Im shakespeare'schen Konflikt mit seiner Stieftochter Gamora (Zoe Saldana) beginnt er sogar, in seinen diktatorischen Festen zu wanken.

Wirklichen Mut zum Unerwarteten beweisen die Gebrüder Russo jedoch in der Schlussauflösung, die das Sterben nicht nur den Statisten überlässt und in ihrer Radikalität wohl als einer der größten Cliffhanger in die Filmgeschichte eingehen wird.

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